Standpunkt

Kirchenaustritt und tschüss? Das muss nicht sein!

Veröffentlicht am 29.11.2022 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Stempelset mit der Aufschrift "Kirchenaustritt".
Bild: © KNA

Bonn ‐ Wer in Deutschland aus der Kirche austritt und keine Kirchensteuer mehr bezahlt, verliert seine kirchlichen "Mitgliedsrechte". Doch das muss nicht sein, kommentiert Thomas Seiterich – und plädiert für einen neuen Umgang mit Ausgetretenen.

  • Teilen:

HTML-Elemente (z.B. Videos) sind ausgeblendet. Zum Einblenden der Elemente aktivieren Sie hier die entsprechenden Cookies.

Eine Welle von Kirchenaustritten rollt durch das Land. Mittlerweile sind es auch jahrzehntelang in Pfarreien engagierte Katholikinnen und Katholiken, die ihrem Frust und Zorn über das Versagen von Kirchenleitungen in den sexuellen Gewaltskandalen Ausdruck geben – durch Austritt aus der Kirchensteuer. Letztes Jahr waren es rund 360.000, die austraten.

Diese Art Austritt gibt es praktisch nur in Deutschland. Denn die Bischöfe und ihre Juristen definieren das Katholischsein durch die Zahlung der Kirchensteuer, also des zwangsweise Mitgliedsbeitrags. Gewiss, Papst Benedikt XVI. war aus guten sakramentaltheologischen Gründen vehement gegen diese auf das Geld verkürzte Mitgliederdefinition. Er wollte nicht, dass Nichtzahler von den Sakramenten ausgeschlossen werden. Die deutschen Oberhirten ließen den Papst einfach ins Leere laufen.

Nun ist in Frankreich, Portugal, Spanien, Malta, Mexico, Peru, Polen, dem Kongo oder Brasilien – also in der Weltkirche – eine staatlich eingetriebene Kirchensteuer nach deutschem Vorbild unbekannt. Wer getauft wurde, zählt dazu. Wer gefirmt ist, wer nach der Bergpredigt lebt ebenso, wie diejenigen, die Beziehung zu Jesus und Gott pflegen.

Auf die Kirchenaustritte antworten nun aufgeschlossene Gemeinden in Leipzig und anderswo, in dem sie die Ausgetretenen ausdrücklich willkommen heißen, selbst mit Plakat an der Außenwand der Kirche. Sie laden sie ein, auf ihre jeweils persönliche Weise weiter mitzumachen und sich von den Beziehungen mit den Mitchristinnen und Mitchristen nicht zu trennen.

Hier entsteht ein neues Feld für gemeindliches Engagement. Und auch für offene Klöster. Denn die Zweiteilung "Ausgetreten" – und damit wie 2011 von der Bischofskonferenz verfügt, der Ausschluss von den Sakramenten – oder "Nicht-Ausgetreten" ist für das Leben der Menschen viel zu grob, viel zu scharz-weiß. Und wenn die Geldfixiertheit der Oberkirche in Deutschland durch Diskussionen in Gemeinden und neue Praxis von unten ins Wanken geriete – ich fände das gut.

Von Thomas Seiterich

Der Autor

Thomas Seiterich ist Ständiger Mitarbeiter der Zeitschrift "Publik-Forum".

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider.