Vorwurf: Ehemaliger Papst soll beschuldigte Priester in Pfarreien belassen haben

Wegen Johannes Paul II.: Polens Bischöfe für Missbrauchsuntersuchung

Veröffentlicht am 14.03.2023 um 20:35 Uhr – Lesedauer: 
Wegen Johannes Paul II.: Polens Bischöfe für Missbrauchsuntersuchung
Bild: © KNA

Warschau  ‐ Ein Team unabhängiger Spezialisten soll staatliche und kirchliche Archive untersuchen – das habe die Bischofskonferenz einstimmig beschlossen, sagte der für den Schutz von Kindern und Jugendlichen zuständige Erzbischof Wojciech Polak. Damit vollziehen die Bischöfe einen dramatischen Richtungswechsel.

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Angesichts des heftigen Streits in Polen um den Umgang von Papst Johannes Paul II. mit Missbrauchsfällen in seiner Zeit als Erzbischof von Krakau spricht sich die katholische Kirche des Landes für eine Untersuchung aus. Primas Erzbischof Wojciech Polak sagte am Dienstag nach einer Vollversammlung der Bischofskonferenz in Warschau, man habe entschieden, "ein Team unabhängiger Spezialisten zu berufen, das die staatlichen und kirchlichen Archive untersuchen soll, um die Fälle von Sexualverbrechen einiger Geistlicher an Minderjährigen aufzuklären".

Polak drückte die Hoffnung aus, dass die Aufarbeitung durch das Team "eine echte Hilfe für die Geschädigten sein wird". Die Betroffenen bräuchten Wahrheit. "Es ist eine Richtungsentscheidung." Alle Bischöfe seien dafür gewesen, niemand dagegen. Polak ist in der Kirche für den Schutz von Kindern und Jugendlichen zuständig. Bislang wurden die Kirchenakten in Polen weitgehend unter Verschluss gehalten.

Untersuchungsteam mit Historikern, Juristen und Psychologen

Dem Untersuchungsteam sollen laut dem Erzbischof Historiker, Juristen und Psychologen angehören. Namen nannte er nicht. Es gehe nicht nur um Krakau und Johannes Paul II., sondern um alle Bistümer und Ordensgemeinschaften.

Die aktuell hitzige Debatte über Johannes Paul II. in Polen wurde durch eine TV-Doku ausgelöst. Darin wird ihm vorgeworfen, er habe als Erzbischof von Krakau vor seiner Papstwahl von Anschuldigungen sexuellen Kindesmissbrauchs gegen drei Geistliche gewusst, habe sie aber trotzdem weiter in Pfarreien arbeiten lassen. Für einen Priester schrieb Johannes Paul II. der Doku zufolge 1972 ein Empfehlungsschreiben an den damaligen Wiener Kardinal Franz König, um ihn in eine österreichische Kirchengemeinde schicken zu können. Über die Vorwürfe gegen den Priester habe er König nicht informiert.

Polens Bischöfe sprachen in der Abschlusserklärung ihrer Vollversammlung von "noch nie dagewesenen" Versuchen, "die Person und das Werk des heiligen Johannes Paul II. zu diskreditieren". Die Bischöfe appellierten "an alle, das Andenken an einen unserer bedeutendsten Landsleute zu achten". Sie dankten jenen, die den "guten Namen" Johannes Pauls II. verteidigten. (KNA)