Piusbrüder ziehen vor Bundesgericht

Gericht erlaubt Petrusbrüdern Prozession – Verbot für Piusbruderschaft

Veröffentlicht am 05.04.2023 um 10:46 Uhr – Lesedauer: 

Genf ‐ Im Schweizer Kanton Genf gilt ein strenges Laizitätsgesetz. Über die Verbote von Fronleichnamsprozessionen traditionalistischer Bruderschaften hatte die Justiz zu entscheiden – und kam zu unterschiedlichen Ergebnissen.

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Die Piusbruderschaft will sich nicht damit abfinden, dass ihr eine Fronleichnamsprozession im Schweizer Kanton Genf untersagt bleibt, während die kantonale Justiz die Prozession der Petrusbrüder in einem anderen Verfahren erlaubt hat. Gegenüber dem Schweizer Portal "cath.ch" teilte die Piusbruderschaft am Dienstag mit, dass sie gegen eine Entscheidung eines kantonalen Gerichts Berufung eingelegt hat, über die nun das Schweizer Bundesgericht zu entscheiden hat. Die beiden von den traditionalistischen Gemeinschaften angestrengten Verfahren befassen sich mit Verboten von Prozessionen im Vorjahr, die die jeweiligen Gemeinden unter Berufung auf das Genfer Laizitätsgesetz untersagt hat. Während die Petrusbrüder, die in voller Gemeinschaft mit der katholischen Kirche stehen, zu den drei im Kanton staatlich anerkannten Religionsgemeinschaften gehören, bestehen zwischen der Piusbruderschaft und dem Kanton keine formalen Beziehungen.

Gegenüber "cath.ch" betonte die Gemeinschaft, dass sie die Selbstverpflichtung auf Grund- und Menschenrechte sowie Achtung des Religionsfriedens nicht unterzeichnet hat, die in den Ausführungsbestimmungen zum Laizitätsgesetz als Voraussetzung für offizielle Beziehungen zum Staat gefordert wird. Das 2019 in Kraft getretene Laizitätsgesetz ist besonders streng und verpflichtet den Staat auf umfassende Neutralität. Religiöse Veranstaltungen dürfen laut Gesetz grundsätzlich nur auf Privatgrundstücken und nur in Ausnahmefällen und mit gesonderter Genehmigung auf öffentlichem Grund stattfinden.

Gericht sieht keine Beeinträchtigung des Religionsfriedens

Diese Ausnahmegenehmigung wurde den Piusbrüdern von den zuständigen kommunalen Behörden 2022 nicht erteilt. Die Prozession stelle nicht nur eine religiöse Versammlung zum Gottesdienst dar, sondern ziele auch darauf ab, den Gottesdienst anderen gegenüber zur Schau zu stellen. Das sei ein schwerer Eingriff in die Freiheit und die Rechte anderer auf die kultische Neutralität des öffentlichen Raumes. Nach Ansicht der Richter dagegen hätte die stille Prozession der Petrusbruderschaft durch vier Straßen auf dem Gehweg an einem Sonntagvormittag den Religionsfrieden nicht beeinträchtigen können. Das zuständige Berufungsgericht stellte in seinem Urteil vom 21. März fest, das Verbot der Prozession verletze den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und in der Folge auch die Glaubens- und Gewissensfreiheit der Beschwerdeführer. Der Termin für die Berufung der Piusbruderschaft ist noch nicht bekannt.

Die Piusbruderschaft wurde 1970 von Erzbischof Marcel Lefebvre gegründet, der insbesondere die Liturgiereform im Nachgang des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962–1965) ablehnte. Sie sieht sich selbst in Gemeinschaft mit der katholischen Kirche, lehnt aber zentrale Lehren des Zweiten Vatikanums ab. 1988 weihte Lefebvre nach dem Scheitern von Verhandlungen mit Rom unerlaubt Bischöfe und zog sich und den Geweihten damit die Exkommunikation zu, bis heute hat sie keinen kanonischen Status. Die Priesterbruderschaft St. Petrus wurde 1988 als Reaktion auf die unerlaubten Bischofsweihen des Erzbischofs Marcel Lefebvre in der Piusbruderschaft gegründet. Die Gesellschaft apostolischen Lebens von Klerikern päpstlichen Rechts steht in voller Gemeinschaft mit der Kirche. (fxn)