Er glaube zumindest nicht "an den von uns Menschen erfundenen" Gott

Mario Adorf: Ich bin ein verhinderter Gläubiger

Veröffentlicht am 17.05.2023 um 11:21 Uhr – Lesedauer: 

Berlin ‐ Als Kind habe er einige Jahre in einem Waisenhaus gelebt, die Erziehung "durch böse Nonnen und einen häufig betrunkenen Priester" habe seine Unfähigkeit zu glauben geschürt, berichtet Schauspieler Mario Adorf.

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Der Schauspieler Mario Adorf (92) glaubt nach eigenem Bekunden nicht an Gott, zumindest nicht "an den von uns Menschen erfundenen". Als Kind habe er einige Jahre in einem Waisenhaus gelebt, die Erziehung "durch böse Nonnen und einen häufig betrunkenen Priester" habe seine Unfähigkeit zu glauben geschürt, sagte Adorf im Interview der "Zeit"-Beilage "Christ und Welt" (Mittwoch). Er sei ein verhinderter Gläubiger, so der Schauspieler.

Er wünsche sich nur so lange leben zu dürfen, wie das Leben lebenswert sei, sagte Adorf weiter. Das sei alles, was für ihn zähle. Dem Bild einer Zielgerade im Alter stimme er nicht zu. Auch im letzten Abschnitts des Lebens könne der Weg ein kurviger und steiniger Bergpfad sein. Zudem habe er im Alter weder einen tieferen Sinn gefunden, noch sei er gescheiter oder dümmer geworden. "Ich glaube immer noch, dass ich die Fehler, die ich gemacht habe, in der gleichen Situation wieder machen würde."

Dennoch erlebe er immer häufiger den Gedanken an ein "letztes Mal", sagte Adorf. Viele Menschen hätten davor Angst oder würden solche Überlegungen von sich wegschieben. Für den Schauspieler lösten sie jedoch ein positives Gefühl aus. Wenn er etwa in dem Wissen verreise, es könnte das letzte Mal sein, nehme er seinen Aufenthalt viel intensiver wahr. "Und dieses kostbare Gefühl überkommt mich nun bei vielen Gelegenheiten, wenn ich vertraute Orte betrete, alte Freunde begrüße – und verlasse." (tmg/KNA)