Schwester Birgit Stollhoff über das Sonntagsevangelium

Von der Nachfolge – Jesus kündigt sein Leiden an

Veröffentlicht am 02.09.2023 um 12:15 Uhr – Lesedauer: 
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Hannover ‐ Warum tue ich mir hohe Berge beim Wandern an? Für Schwester Birgit Stollhoff steht das heutige Evangelium für die großen Herausforderungen – und wie wir uns diesen Aufgaben voller Hoffnung stellen können.

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"Warum tue ich mir das eigentlich an?" Beim Wandern im Sommer hat mich, wie so meistens bei einem anstrengenden Anstieg, irgendwann der Mut verlassen und ich habe angefangen zu schimpfen. Mitten im Keuchen und Fluchen habe ich an Till Eulenspiegel gedacht: Bei dem war das genau andersrum – bergauf war er immer fröhlich, bergab traurig. Sehr unlogisch! Aber er hatte eine gute Begründung: "Wenn ich den Berg hinaufsteige, bin ich glücklich, weil ich weiß, dass es bald wieder bergab geht. Wenn ich bergab gehe, vergeht mir die gute Laune, wenn ich an all die Berge denke, die noch vor mir liegen und wie anstrengend das wird." Mir ist klargeworden, dass das im Leben immer so ist: Jede Freude hat ihr Ende und die nächste Krise kommt meist von selbst.

Kann ich mich dann überhaupt freuen, wenn ich weiß, dass nach jedem Erfolg, Spaß oder Glück, nach jeder Freude auch wieder eine schwierige Situation kommt, ein Ärger oder Leid oder eine Anstrengung? Kann ich mich an einem Freund noch freuen, wenn ich weiß, dass er oder sie bald wegzieht oder gar stirbt? Lohnt es sich, eine Gemeinschaft aufzubauen, wenn die Bedingungen für die Zukunft ungewiss oder gar schlecht sind? Und was, wenn ich das mit etwas unlauteren Mitteln ändern könnte? Mit Überredung, Geld oder anderen Mitteln?

Im Evangelium kippt hier die Stimmung unter den Jüngern: Jesus kündigt sein Leid, seinen Tod und seine Auferstehung an. Letzteres überhören die Jünger geflissentlich; aber das mit dem Leid und Kreuz erschreckt sie. Petrus will deshalb dieses Schicksal abwenden. Und kriegt eine sehr brüske Antwort von Jesus. Was für Petrus aus seiner Sicht eine gute Ärgervermeidungsmaßnahme ist, ist für Jesus eine Versuchung, wie zu Beginn seines Wirkens. Daraufhin hält Jesus eine Rede, die so ganz wie eine Anti-Werbung für Berufungen klingt: Nachfolge ist Nachfolge unter dem Kreuz, Leiden und Loslassen… Fröhlich und einfach ist an der Rede nichts, nur ganz der Schluss.

Warum folgen ihm die Jünger trotzdem nach? Warum trauen wir uns große Aufgaben (und auch mal große Berge) zu, wenn wir wissen, dass es anstrengend wird, viel Mühe, Lebenszeit und Mittel kosten wird und am Ende gar scheitert? "Hoffnung" so sagte es der tschechische Widerstandkämpfer und Präsident Vaclav Havel "ist nicht der Glaube, dass etwas gelingt, sondern die Gewissheit, dass es einen Sinn hat, egal wie es ausgeht." Jesus geht es um den Sinn, und zwar um den Sinn eines ganzen Lebens, der ganzen Nachfolge. Und das ist eine neue, andere Dimension – da geht es nicht um den Genuss in der Gegenwart oder ein schönes Gefühl. Bei der Frage nach dem Sinn geht es um eine Entscheidung über die ganze Existenz: Glaube ich, dass mein Leben einen Sinn hat? Glaube ich gar, dass es diesen Sinn von Gott hat? Und glaube ich, dass es in der Beziehung zu Gott deshalb relevant ist, wie ich lebe? Wenn ich das bejahen kann, kann mein Leben eine tiefere Bedeutung und Motivation bekommen – und eine neue Freiheit, weil meine Zufriedenheit nicht mehr (ausschließlich) von äußeren Rahmenbedingungen wie Gehalt, soziale Kontakte etc. abhängig ist.

Evangelium nach Matthäus (Mt 16,21–27)

In jener Zeit begann Jesus, seinen Jüngern zu erklären: Er müsse nach Jerusalem gehen und von den Ältesten und Hohepriestern und Schriftgelehrten vieles erleiden, getötet und am dritten Tag auferweckt werden.

Da nahm ihn Petrus beiseite und begann, ihn zurechtzuweisen, und sagte: Das soll Gott verhüten, Herr!
Das darf nicht mit dir geschehen! Jesus aber wandte sich um und sagte zu Petrus: Tritt hinter mich, du Satan! Ein Ärgernis bist du mir, denn du hast nicht das im Sinn, was Gott will, sondern was die Menschen wollen.

Darauf sagte Jesus zu seinen Jüngern: Wenn einer hinter mir hergehen will, verleugne er sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach. Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben um meinetwillen verliert, wird es finden. Was nützt es einem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, dabei aber sein Leben einbüßt? Um welchen Preis kann ein Mensch sein Leben zurückkaufen?

Der Menschensohn wird mit seinen Engeln in der Herrlichkeit seines Vaters kommen und dann wird er jedem nach seinen Taten vergelten.

Die Autorin

Sr. Birgit Stollhoff CJ gehört dem Orden Congregatio Jesu (auch bekannt als Mary-Ward-Schwestern) an, ist Leiterin des Jugendpastoralen Zentrums "Tabor" in Hannover und macht derzeit daneben die Ausbildung zur Pastoralreferentin im Bistum Hildesheim.

Ausgelegt!

Wie für jeden Tag gibt es in der Kirche auch für jeden Sonntagsgottesdienst ein spezielles Evangelium. Um sich auf die Messe vorzubereiten oder zur Nachbereitung bietet katholisch.de "Ausgelegt!" an. Darin können Sie die jeweilige Textstelle aus dem Leben Jesu und einen Impuls lesen. Diese kurzen Sonntagsimpulse schreibt ein Pool aus Ordensleuten und Priestern für uns.