Standpunkt

Kirche darf sich nicht nur mit ihren eigenen Problemen beschäftigen

Veröffentlicht am 28.09.2023 um 00:01 Uhr – Von Andrea Hoffmeier – Lesedauer: 

Bonn ‐ Kinderarmut, Kriege, Klimawandel: Aus Sicht von Andrea Hoffmeier liegen viele Themen auf dem Tisch, zu denen die Kirche Beiträge liefern könnte. Könnte – denn einmal mehr drohe die Kirche sich zu sehr mit ihren eigenen Problemen zu beschäftigen.

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Mehr als jedes fünfte Kind ist von Armut bedroht; Depressionen, Angst- und Essstörungen bei Kindern haben zugenommen; 16 Prozent der jungen Menschen hatten im letzten Jahr weder Abitur noch einen Berufsabschluss; wieder wird ein Wahlkampf auf dem Rücken von Asylsuchenden geführt; die AfD fährt gute Wahlergebnisse ein und verschwörungsgläubige sowie völkisch-autoritäre Positionen steigen, bei gleichzeitiger Kürzung der politischen Jugendbildung durch die Regierung; kriegerische Konflikte mit Flucht als Folge erreichen einen Höchststand; der Klimawandel schreitet voran ...

Es liegen also viele Themen auf dem Tisch, zu denen die katholische Kirche auf der Grundlage der christlichen Sozial- und Friedensethik Beiträge einbringen könnte und sollte. Die heute zu Ende gehende Vollversammlung der deutschen Bischöfe bot dazu Gelegenheit.

Die Kirche droht, sich weiterhin nur mit internen Problemen zu beschäftigen. Die aktuellen Meldungen zu Kardinal Hengsbach führen erneut schmerzlich vor Augen, dass die Aufarbeitung von und der Kampf gegen sexuellen und geistlichen Missbrauch unser ständiger Begleiter bleiben werden. Die Aussage von Bischof Overbeck, er habe nicht glauben können, dass ein geschätzter Kardinal anderen Menschen furchtbares Leid zugefügt haben könnte, zeigt, wie tief und beharrlich die systemischen Ursachen in der Kirche verankert sind.

Wir haben also noch einen weiten Weg der Erneuerung vor uns. Gerade weil dies aber so ist, müssen wir uns alle darauf einstellen, zweigleisig zu fahren. Wir müssen wieder wahrnehmbar an der Seite der Armen, Benachteiligten und Verletzten Gesellschaft mitgestalten wollen und uns entsprechend einbringen – eine Kirche, die nicht dient, dient zu nichts. Aber natürlich ohne Vernachlässigung der Aufarbeitung und notwendigen innerkirchlichen, im Synodalen Weg erarbeiteten Reformen. Mit der Debatte um das Verhältnis zur AfD sowie gegen eine Abschottung sind erste Pflänzchen bei den deutschen Bischöfen sichtbar, denen aber weitere folgen müssen.

Von Andrea Hoffmeier

Die Autorin

Andrea Hoffmeier ist Akademiedirektorin der Thomas-Morus-Akademie Bensberg.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.