Standpunkt

Wir brauchen eine neue Friedensbewegung!

Veröffentlicht am 12.02.2024 um 00:01 Uhr – Von Gudrun Lux – Lesedauer: 

Bonn ‐ Obwohl an vielen Orten der Erde Krieg herrsche, sei die Friedensbewegung schwach und krank, kommentiert Gudrun Lux. Diese Schwäche hätten sich Menschen mit ganz anderen Interessen zunutze gemacht. Es brauche daher eine neue Friedensbewegung.

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Viele Christinnen und Christen sind traditionell Teil der Friedensbewegung oder haben große Sympathien für sie. Das ist naheliegend, denn der Friede ist ein zentrales Anliegen unseres Glaubens: "Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden den Menschen seines Wohlgefallens", spricht der himmlische Chor in der Heiligen Nacht.

Wir beten um Frieden, wir hoffen auf Frieden, wir reichen uns in jeder Messe die Hände zum Friedensgruß und wünschen einander: Der Friede sei mit Dir!

Wer sich mit diesem Wunsch nicht aufs Jenseits und biedermeierlich aufs Private beschränken will, dem wird ein politisches Anliegen sein, dass Friede auf Erden sei – überall: kein Krieg, keine Gewalt, kein Hunger, keine Not, keine Vertreibung, keine Umwelt- und damit Heimatzerstörung. "Selig, die Frieden stiften, denn sie werden Kinder Gottes genannt werden", so lehrt es Jesus selbst in der Bergpredigt und viele Christinnen und Christen verstehen das als Ruf: Sie wollen mittun, dass Friede werde.

Beeindruckende Erfolge im Friedenstiften hat etwa die katholische Gemeinschaft Sant‘Egido vorzuweisen, die Friedensverhandlungen begleitet und vorangetrieben hat – sei es in Guatemala oder dem Kosovo – und gar den Friedensvertrag für Mosambik vermitteln konnte. Ein diplomatischer Dienst am Frieden, der meist im Verborgenen stattfindet und in den Mittelpunkt das Wohl der Menschen egal welcher Seite stellt.

Wertvoll ist auch, wenn kirchliche Gruppen und Repräsentanten, allen voran der Papst selbst, immer wieder klar die Stimme erheben, zum Frieden mahnen, das Leid der Menschen, insbesondere der Kinder, die Krieg, Gewalt und Vertreibung ertragen müssen, anprangern.

Doch obgleich in Europa, in Nahost und an vielen Orten der Welt Krieg, Gewalt und Unfriede herrschen, ist die Friedensbewegung doch nicht etwa erstarkt, sondern schwach und krank. Von eindrucksvollen Ostermärschen kann längst keine Rede mehr sein, keine große Bewegung steht auf.

Vielmehr lassen die kümmerlichen Reste der Friedensbewegung zurückschrecken. Den wackeren Friedensbewegten, die seit Jahrzehnten demonstrieren, marschieren, aktiv sind, schließen sich kaum Menschen an, die noch nicht im Rentenalter sind. Ihre Diskurse und Botschaften sind geprägt von den Konflikten und der Rhetorik der 1980er Jahre, treffen kaum noch den Nerv der Zeit. Das wäre kein Problem, hätten sich nicht längst diejenigen mit ganz anderen Interessen und Sympathien diese Schwäche zunutze gemacht: Antisemitismus, Putin-Kumpanei, DDR-Nostalgie, Corona-Verschwörungsideen und rechtsextreme Weltbilder gehen hier quer durcheinander und behaupten, der Friede sei ihr anliegen.

Christinnen und Christen tun gut daran, sehr vorsichtig zu sein, mit wem sie da gemeinsame Sache machen. Ich bin überzeugt: Wir brauchen eine neue Friedensbewegung, eine, die auf der Höhe der Zeit ist. Wir brauchen die Expertise und die Menschenfreundlichkeit von Sozialverbänden, Umweltorganisationen, Kirchen und vielen mehr, wir brauchen intellektuelle Stimmen und Fachkonferenzen, müssen uns mit den Auswirkungen von Armut und ökologischen Krisen auf Flucht und Kriege beschäftigen. Ja, wir müssen manche Verhältnisse in Frage stellen – aber dabei faire und demokratische Wege finden, uns als große Bewegung für den Frieden auf Erden einzusetzen.

Von Gudrun Lux

Die Autorin

Gudrun Lux ist Stadträtin in München, Mitglied des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) und der Synodalversammlung des Synodalen Weges. Von dieser wurde sie in das Synodalforum "Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche" entsandt.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.