MHG-Leiter Dreßing: Diözesane Studien tragen eher zur Vertuschung bei
Der Leiter der MHG-Studie, Harald Dreßing, hat die Vielzahl an diözesanen Missbrauchsstudien in Deutschland kritisiert. "Die diözesanen Studien produzieren damit eine Vielzahl nicht vergleichbarer Daten und tragen letztlich eher zu einer weiteren Vertuschung denn zu einer systematischen Aufklärung bei", schreibt Dreßing in einem Leserbrief an die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (Freitag). Als Koordinator der MHG-Studie habe er bereits nach deren Veröffentlichung 2018 die Etablierung einer interdisziplinär besetzten Wahrheitskommission vorgeschlagen. "Stattdessen haben die Diözesen in den folgenden Jahren Wissenschaftler ganz unterschiedlicher Professionen mit Untersuchungen beauftragt, deren Ergebnisse aufgrund unterschiedlicher Methodik nicht miteinander verglichen werden können."
Dreßing kritisierte dabei auch die am Dienstag veröffentlichte Würzburger Missbrauchsstudie. Diese habe eine Quote beschuldigter Priester von 1,1 Prozent nachgewiesen. "Scheinbar wesentlich niedriger als die 4,4 Prozent, die die MHG-Studie berichtet hat", schreibt der Psychiater weiter. "Bei den 1,1 Prozent handelt es sich aber um eine jährliche Beschuldigtenquote, wohingegen MHG die wesentlich aussagekräftigere Quote bezogen auf die ganze Lebenszeit eines Priesters untersucht hat."
Dreßing ist Professor am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim und war Koordinator der 2018 veröffentlichten bundesweiten MHG-Studie, die Missbrauch in der katholischen Kirche untersucht hat. (cbr)