Uta Möhler ist Referentin für diakonische Pastoral

Seelsorgerin: "Wünsche mir die sakramentale Weihe zur Diakonin"

Veröffentlicht am 29.04.2025 um 00:01 Uhr – Von Madeleine Spendier – Lesedauer: 
Seelsorgerin: "Wünsche mir die sakramentale Weihe zur Diakonin"
Bild: © privat

Bonn ‐ Vor 26 Jahren hat Uta Möhler einen Diakonatskurs für Frauen abgeschlossen. Heute arbeitet sie als Referentin für diakonische Pastoral in der Pfarreiengemeinschaft Erbach bei Ulm. Die Seelsorgerin hat ihren Wunsch von damals nicht aufgegeben, erzählt sie im katholisch.de-Interview.

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Uta Möhler setzt sich für den Diakonat der Frau ein. Von 1999 bis 2002 hat die kirchliche Mitarbeiterin am ersten Diakonatskreis für Frauen teilgenommen. Heute arbeitet die 56-jährige als Referentin für diakonische Pastoral in einer Seelsorgeeinheit in der Nähe von Ulm. Doch sie wünscht sich mehr. Ein Interview zum "Tag der Diakonin", den katholische Frauenverbände im deutschsprachigen Raum seit 1998 am 29. April begehen.

Frage: Frau Möhler, Sie setzen sich für den Diakonat der Frau ein. Warum?

Möhler: Die Kirche bedeutete für mich schon immer Heimat, und ich war seit meiner Kindheit für die Kirche engagiert. Meine Mutter war Gemeindereferentin, mein Vater arbeitete nebenberuflich als Mesner. Wenn meine Mutter die Kinderkirche vorbereitet hat, habe ich manchmal mitgeholfen. Meine drei Brüder haben ministriert. Ich durfte nicht, weil ich ein Mädchen war. Später habe ich mich dann für das Leben in einer klösterlichen Gemeinschaft interessiert. Eine Ordensfrau sagte mir einmal: "Wer ins Kloster will, braucht eine Berufung." Ich habe lange überlegt, was das bedeutete. Dann habe ich die Ausbildung zur Krankenschwester in Ulm gemacht und lernte meinen späteren Mann kennen. Wir haben geheiratet. Unsere Ehe blieb kinderlos und ging später in die Brüche. Ich habe Theologie im Fernkurs studiert mit den Schwerpunkten Liturgie, Diakonie und Verwaltung. Meine Abschlussprüfung war 1999. Jemand hat mich damals gefragt: "Was machst du jetzt mit deiner Ausbildung?" Ich weiß noch, dass ich gesagt habe: "Wenn ich ein Mann wäre, würde ich gerne Diakon werden."

Frage: Und dann haben Sie sich für den Ausbildungskurs für Diakoninnen beworben?

Möhler: Ja, damals habe ich in der Kirchenzeitung der Diözese Rottenburg-Stuttgart gelesen, dass im September 1999 der erste Diakonatskreis für Frauen beginnen würde. Ich war schon länger diakonisch engagiert und wollte es nun weiterhin beruflich machen. Dann habe ich mich für den Ausbildungskurs beworben und wurde zum Auswahlgespräch eingeladen. Dieses Gespräch fand in Würzburg statt und mir saßen der Dogmatikprofessor Peter Hünermann und die Dominikanerin Benedikta Hintersberger gegenüber. Sie haben mich gefragt, was meine Motivation sei, an dem Kurs teilzunehmen. Sie haben auch gesagt, dass es nicht sehr wahrscheinlich ist, dass es nach den drei geplanten Kursjahren eine Weihe der Frauen zu Diakoninnen geben werde. Das Ausbildungskonzept war angelehnt an das der Ständigen Diakone in der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Es wurden 14 Frauen ausgewählt und ich war dabei. Fast alle Frauen haben den Kurs abgeschlossen. Uns hat die Berufung zur Diakonin verbunden.

Frage: Gab es damals Gegenwind im Bistum?

Möhler: Ja, den gab es. Für manche Kursteilnehmerin war es schwer einen Mentor oder einen geistlichen Begleiter zu finden. Während unsere Diakonatsausbildung lief, ließen sich auch die sogenannten Donaupriesterinnen auf einem Schiff zu Priesterinnen weihen. Sie hatten uns zuvor angefragt, ob wir uns daran beteiligen möchten. Aber wir lehnten ab, weil wir unseren Weg mit der Kirche gehen wollten. Unsere Hoffnung war, dass wir nach Abschluss unserer dreijährigen diakonischen Ausbildung von unseren Ortsbischöfen für den Weihekurs zugelassen werden und zusammen mit den Männern geweiht würden. Wir wollten als Diakoninnen eingesetzt werden. Damals kam aber eine Notifikation aus Rom, in der stand, dass die Ausbildung zur Diakoninnenweihe nicht erlaubt sei. Kurz danach wurden die Frauen, die auf dem Donauschiff unerlaubterweise geweiht wurden, exkommuniziert. Ich weiß noch, dass ich zu dieser Zeit eine Gehirnblutung bekommen habe, die mich in eine gesundheitliche Krise warf. 

Frage: Wie ging es bei Ihnen danach weiter, als Sie wieder zu Kräften kamen und den Diakonatskurs abgeschlossen hatten?

Möhler: Ich bin wieder in meinen Beruf als Krankenschwester zurück. Ich kümmerte mich nun vor allem um Patienten mit Tumoren im Hals-Nasen-Ohren-Bereich und um Menschen, die durch eine Tumoroperation keinen Kehlkopf mehr hatten. Für mich war das ein zutiefst diakonisches Handeln, denn diese Menschen waren dankbar, dass sie jemanden hatten, der sie stärkte und begleitete. Ich dachte mir, es gibt doch Blindenseelsorger und Gehörlosenseelsorger. Also sollte es auch Seelsorger für Kehlkopflose geben, da die Kommunikation durch die Kehlkopfentfernung massiv erschwert ist. Ein paar Monate später wurde ich durch den Ulmer Dekan für diesen Dienst beauftragt. Später wechselte ich nochmals meine Stelle und wurde Pfarrhelferin im Bistum Augsburg. Danach war ich sechs Jahre als Mesnerin in meiner Kirchengemeinde tätig, in der ich heute noch arbeite.

Bild: ©Gabriele Greef

Die Teilnehmerinnen des dritten Kurses "Fortbildung: Diakonische Leitungsdienste für Frauen in der Kirche" in Waldbreitbach, den das Netzwerk Diakonat der Frau organisierte. Uta Möhler nahm bereits 1999 an diesem Kurs teil, der damals zum ersten Mal stattfand.

Frage: Sie arbeiten heute in einer Seelsorgeeinheit als Referentin für diakonische Pastoral. Wofür sind Sie konkret zuständig?

Möhler: Seit Oktober 2023 bin ich mit einer 50-Prozent-Stelle als Referentin für diakonische Pastoral hier in der Seelsorgeeinheit Erbach tätig. Es ist ein neuer Beruf in der Diözese, der auch aus der Notsituation heraus entstanden ist, weil es zu wenige Priester und auch immer weniger pastorale Mitarbeiter gibt. Der Schwerpunkt meiner Arbeit ist die Senioren- und Krankenpastoral. Ich begleite Senioren-Nachmittage, die Hospizgruppe und gestalte Wortgottesfeiern und Andachten im Seniorenzentrum. Weiters bin ich zuständig für die Besuchsdienste, die Sozialstation, die Tagespflege und führe seelsorgliche Gespräche und übernehme Wortgottesfeiern in den Gemeinden. Ich bin Teil des Pastoralteams in der Seelsorgeeinheit und dort für den sozialen Bereich zuständig. Ich würde gerne Beerdigungen übernehmen und Menschen in ihrer Trauer begleiten. Aber das darf ich von meiner Stellenbeschreibung her nicht. Manchmal schmerzt und ärgert es mich, dass ich meiner diakonischen Berufung nicht in vollem Maße nachgehen darf.

Frage: Sie warten schon sehr lange drauf, dass man ihre diakonische Berufung anerkennt?

Möhler: Ja, als ich den Kurs 1999 begonnen habe, hat uns Professor Peter Hünermann sehr darin unterstützt und uns ermutigt, unsere Berufung zu leben. Er hat es sich so gewünscht, dass Frauen die sakramentale Weihe zum Diakonat erhalten können. Jetzt, fast 30 Jahre später sind wir noch immer in der Warteschleife – trotz Ausbildung und diakonischem Engagement. Ich könnte taufen, Beerdigungen leiten oder bei Trauungen assistieren. Ich könnte diese Aufgaben jederzeit übernehmen, nur darf ich es nicht. Ich bin da und warte. Manche der Kursteilnehmerinnen von damals haben aufgegeben. In der Zwischenzeit ist schon der dritte Diakonatstkreis für Frauen abgeschlossen. Ich habe nicht die Kirche oder meine Konfession gewechselt, so wie es andere getan haben. Ich möchte Diakonin sein, weil es meine Berufung ist. Warum wird es uns Frauen weiterhin verboten? Aber ich will nicht jammern. Ich bin meiner Berufung treu geblieben und versuche mich für andere einzusetzen.

Frage: Was wünschen Sie sich?

Möhler: Ich wünsche mir die sakramentale Weihe zur Diakonin. Es wäre schön, wenn es eines Tages kirchenrechtlich erlaubt wäre, dass Frauen diesen diakonischen Dienst im Amt ausführen dürfen. Wenn ich es nicht mehr erleben sollte, dann wünsche ich es mir für die Frauen nach mir, die dieselbe Berufung haben. In der Kirchengemeinde, in der ich heute tätig bin, ist vorne im Altarbild des Rosenkranzaltares die Heilige Katharina von Siena zu sehen. Sie ist die Patronin des Frauendiakonats. Als ich dieses Bild zum ersten Mal sah, wusste ich gleich: Hier bin ich richtig. Immer wenn ich dieses Heiligenbild sehe, ermutigt es mich, eine starke Frau zu sein und meinen Weg zu gehen. Katharina von Siena hatte zu ihrer Zeit den Papst dazu bewegt, von Avignon nach Rom zurückzukehren. Die spätere Kirchenlehrerin hatte ihn mit Briefen regelrecht bestürmt. Außerdem hat sie Kranke gepflegt, bevor sie selbst krank wurde und jung starb. Katharina von Siena sah sich als Dienerin Christi. So sehe ich mich auch. Eine Bibelstelle aus dem Matthäusevangelium begleitet mich schon mein gesamtes Berufsleben hindurch. Sie lautet: "Habt Vertrauen! Ich bin es." Ich glaube daran, dass Jesus auch Frauen zu sich als Jüngerinnen und Apostelinnen gerufen hat. So wie mich und viele andere.

Von Madeleine Spendier