Vor dem Konklave haben sich die Gläubigen schon entschieden

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Wer die Papst-Beerdigungen von Benedikt XVI. 2023 und Franziskus am Wochenende vor Ort mitverfolgt hat, dem haben sich die Unterschiede im Kirchenvolk förmlich aufgedrängt. Nicht nur war der Petersplatz bei Benedikt XVI. nur halbvoll, während die Menschen bei Franziskus bis in die angrenzende Via della Conciliazione standen. Das hatte sicher auch damit zu tun, dass Benedikt XVI. nicht mehr im Amt war. Doch die Bandbreite der Menschen, die den als Jorge Mario Bergoglio geborenen Argentinier noch einmal würdigen wollten, war ebenso deutlich größer als bei dem Deutschen. Sichtbar queere Paare bei einer Papstbeerdigung – das wäre vor wenigen Jahren noch unvorstellbar gewesen.
Die Menschen haben nun also auf jeden Fall schon einmal mit den Füßen abgestimmt, wenn es darum geht, welche Form von Kirche sie sich wünschen. Sie haben es aber auch ganz explizit gezeigt. Bei der Predigt von Kardinaldekan Giovanni Batista Re gab es Applaus an den Stellen, als er in seiner Tour de force durch das Leben und Wirken von Franziskus von einer Kirche für alle mit offenen Türen sprach, dass Brücken statt Mauern nötig seien, Frieden in der Welt, der Einsatz für die Armen und Schwachen sowie die Bewahrung der Schöpfung. Das sind die entscheidenden Stichworte, die den Menschen wichtig sind.
Natürlich: Die Leute wählen den Papst nicht, das tun die Kardinäle. Aber das eindrückliche Zeugnis von 250.000 (!) Menschen, die zum Teil Stunden in der prallen Sonne gewartet haben, nur um dabei zu sein, einfach außer Acht zu lassen, wäre ganz schlicht nicht richtig.
Spätestens die Weltsynode hat gezeigt, dass Kirche nur gemeinsam funktioniert. Einsame Bischofentscheidungen akzeptiert kaum mehr jemand ohne Widerspruch. Das gehört zu den Wegmarken des Franziskus-Pontifikats, hinter die eine glaubwürdige Kirche nicht mehr zurückkann. Die Amtsträger sollten also auch auf die Gläubigen hören. Und die wünschen sich jemanden, der die Welt in Zeiten der Spaltung zusammenhält, auch die Schwachen und Ausgegrenzten im Blick hat und den Menschen authentisch wie nahbar Hoffnung gibt – einen wie Franziskus.
Der Autor
Christoph Paul Hartmann ist Redakteur bei katholisch.de.Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider.