Marx: Im Vorkonklave nur "ganz vereinzelt" Kritik an Franziskus
Aus Sicht des Münchner Kardinals Reinhard Marx gab es im Vorkonklave nur "ganz vereinzelt" Kritik an Papst Franziskus. "150 Kardinäle haben sich zu Wort gemeldet, und die überwältigende Mehrheit war der Meinung, dass das Pontifikat von Franziskus wichtig war für die Kirche", sagte Marx der "Süddeutschen Zeitung" (Freitag). "Von einem Zurück zu früheren Zeiten war überhaupt nicht die Rede. Ohne natürlich eine Franziskus-Kopie zu wollen." Er habe einen "starken Drang nach Einheit" wahrgenommen.
Aus seiner Sicht sei die Kirche nicht gespalten, betonte Marx weiter. "Natürlich gibt es unterschiedliche Richtungen in der Kirche und vielleicht sind auch einige sehr laute Gruppen unterwegs, die rückwärtsgehen wollen", erklärte der Erzbischof von München und Freising. "Aber wenn man auf das gesamte Volk Gottes schaut, die Gläubigen, die sonntags in den Gottesdienst gehen und die Gemeinden gestalten – die sind nicht gespalten." Die Zeit nach dem Tod von Papst Franziskus bis zur Wahl von Papst Leo XIV. habe ihn sehr berührt. "Diese drei Wochen waren für uns alle eine Zeit der Gnade. Zu sehen, was die Kirche in der Welt bedeutet", so Marx. Er wisse, dass auch wieder andere Zeiten kämen – "aber gerade für diese Zeiten braucht man die Erinnerungen an diese Einmütigkeit".
Heiliger Geist im Konklave spürbar
Zum Gerücht, er habe sich hinter den Kulissen sehr für Prevost als neuen Papst eingesetzt, sagte Marx: "Selbstverständlich, wenn man neun bis zehn Tage im Vorkonklave zusammen ist, natürlich kommen da Leute und sagen, wollen wir uns nicht mal austauschen? Das ist doch normal, und dann fallen auch verschiedene Namen. Ist das so überraschend? Ich denke nicht."
Er habe den damaligen Kardinal Prevost erst im vergangenen Jahr kennengelernt, erklärte Marx. Das Gespräch habe ihm "sehr gefallen": "Es war sehr ruhig, sehr sachlich. Informiert zuhörend und herzlich auf Augenhöhe", sagte der Kardinal. "Er ist mir sehr angenehm im Gedächtnis geblieben, und als ich zum Konklave nach Rom gefahren bin, da war dieser Name nicht ganz weg bei mir, das gebe ich zu." Dass Kardinal Robert Francis Prevost unter den 133 Papstwählern eine breite Zustimmung gefunden habe, habe ihn nicht überrascht, so Marx. "Wir sprechen ja vom Heiligen Geist, der im Konklave wirkt, und das war auch spürbar. Ich will nicht zu viel verraten, aber man denkt dann doch: Wie ist das möglich, so schnell?"

Der verstorbene Papst Franziskus sei "tatsächlich gelegentlich voller Sorge" wegen des Synodalen Wegs der Kirche in Deutschland gewesen, sagt Kardinal Reinhard Marx. Er habe versucht, ihn zu beruhigen.
Angesprochen auf die Auseinandersetzungen zwischen dem Vatikan und der Kirche in Deutschland rund um den Synodalen Weg sagte Marx, er wolle dem neuen Papst nichts vorschreiben. "Ich sage nur: Der Bischof Prevost hat auch in seinem Bistum in Peru synodale Elemente vorangebracht." Der Synodale Weg sei weiter notwendig. "Franziskus war tatsächlich gelegentlich voller Sorge deswegen, und ich habe versucht, ihn zu beruhigen", so Marx. Es gelte aber, das partizipative Element in der Kirche zu etablieren, ohne aus ihr eine parlamentarische Demokratie zu machen. "Leo XIV. versteht das, er ist ja auch Kirchenrechtler."
Finanzielle Lage "nicht so katastrophal, wie manche sagen"
Beim Diakonat der Frau äußerte Marx seine Hoffnung, "dass wir da weiterkommen". Dies sei eine der zentralen Fragen der Zukunft. Er sehe aber auch, dass in der Weltkirche unterschiedliche Geschwindigkeiten bei diesem Thema herrschten. "Und wir können nicht sagen, wenn nicht in fünf Jahren was passiert, dann trete ich aus", so Marx. "Ich denke, es war wichtig, jemanden als Papst zu finden, der diese Türen offen hält und der nicht zurückgeht."
Zur finanziellen Situation des Heiligen Stuhls erklärte Marx, die Lage sei "nicht so katastrophal, wie manche sagen". Trotzdem müsse schnell etwas getan werden. "Insgesamt: Wir müssen die Kosten reduzieren." Franziskus hatte Marx 2014 zum Koordinator des vatikanischen Wirtschaftsrates ernannt. Die italienische Zeitung "Corriere della Sera" hatte am Montag berichtet, Franziskus habe seinem Nachfolger ein Finanzloch von zwei Milliarden Euro hinterlassen. Dies betreffe vor allem den Pensionsfond. (cbr)