Bischof Gerber: Haben als Diözese Schuld auf uns geladen

Missbrauchsbericht für Bistum Fulda: Mindestens 120 Betroffene

Veröffentlicht am 17.06.2025 um 15:33 Uhr – Lesedauer: 

Fulda ‐ In vier Jahren sichtete die unabhängige Aufarbeitungskommission über 2.000 Akten – und legt nun ein differenziertes Bild zu sexuellem Missbrauch im Bistum Fulda seit 1945 vor. Bischof Michael Gerber zeigt sich erschüttert über die Erkenntnisse.

  • Teilen:

Mindestens 120 mutmaßlich Betroffene von sexuellem Missbrauch hat es im Bistum Fulda seit 1945 gegeben. Das geht aus einem 319-seitigen Abschlussbericht hervor, den die unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexualisierter Gewalt im Bistum am Dienstag in Fulda vorstellte. "Missbrauchsopfer wurden in ihren Nöten und ihrem Leid bis zum Jahr 2010 nicht beachtet. Man war blind für das Leid der Betroffenen", sagte der Kommissionssprecher und ehemalige CDU-Oberbürgermeister von Fulda, Gerhard Möller

Beschuldigte seien bis zur Jahrtausendwende regelmäßig mit Nachsicht behandelt worden. "Das Ansehen der Kirche sollte nicht beschädigt werden", so Möller. Es habe "möglichst unauffällig" Versetzungen ohne Angabe von Gründen gegeben. In Pfarreien hätten sich zuweilen große Teile hinter die Beschuldigten gestellt, während Betroffene gemieden worden seien.

Die Aufarbeitungskommission sichtete in den vergangenen vier Jahren unabhängig und systematisch 2.124 Personalakten von 1945 bis Dezember 2024. Demnach kam es 239 Mal zu strafbaren sexuellen Handlungen. Die Kommission geht allerdings von einer hohen Dunkelziffer aus. An 37 Betroffene wurden finanzielle Leistungen in Anerkennung des Leids geleistet.

Bitte um Entschuldigung

Die Aufarbeitungskommission übergab ihren Bericht an Bischof Michael Gerber, der das Bistum seit 2019 leitet und auch stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz ist. Er sagte: "Wir haben als Bistum Schuld auf uns geladen, und ich bitte um Entschuldigung – und ich weiß, dass eine Bitte nicht genügt." Gerber versprach, die Aufarbeitung fortzuführen und die Prävention weiter auszubauen. Er will sich nach Lektüre des Berichts am 26. Juni ausführlich dazu äußern.

In der Kommission sitzen mehrere Juristen, eine Sozialpädagogin, eine Sozialarbeiterin sowie eine Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie. Hinzu kommen zwei Betroffene aus dem gemeinsamen Betroffenenrat der Bistümer Fulda und Limburg.

Ähnliche Kommissionen gibt es in allen katholischen Bistümern in Deutschland. Sie gehen auf eine Vereinbarung der Bischöfe aus dem Jahr 2020 mit dem damaligen Bundesbeauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) zurück. Nach Angaben der Bundesbeauftragten ist die Kommission in Fulda die erste, die einen Abschlussbericht vorlegt. (KNA)

Bericht der Fuldaer Aufarbeitungskommission

Den Abschlussbericht zum Nachlesen gibt es hier.