Hinter das Kreuz!
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"Ich laufe jetzt weiter vorne. Sonst kann ich nicht mehr." Das sagt Susi zu mir. Es sind 28 Grad. Wir haben sicher schon 40 Kilometer zu Fuß hinter uns. Wir sind seit morgens 5 Uhr unterwegs. Und so um die 10 Kilometer liegen noch vor uns, bis wir am Abend endlich ankommen. Diese Szene liegt nun knapp zwei Wochen zurück. Es war bei einer Pilgerreise in Italien, an der ich mit Susi und einigen anderen teilnahm. Um die 50 Kilometer laufen Italienerinnen und Italiener eines kleinen Ortes in den Abruzzen jedes Jahr an Pfingstmontag.
Beim Lesen des heutigen Sonntagsevangeliums muss ich an Susi denken. Da geht es darum, für wen die Leute Jesus halten. Es geht um die Frage, was ihn ausmacht. Vor allem aber spricht Jesus darüber, wie es ist, ihm zu folgen. Er verspricht nicht weniger als das: Wer ihm folgt, der wird sein Leben retten, der wird Leben haben. Das, was er dafür fordert, dürfte die Jünger überrascht, vielleicht sogar erschüttert haben: "Wenn einer hinter mir hergehen will, verleugne er sich selbst, nehme täglich sein Kreuz auf sich und folge mir nach." Wer Jesus nachfolgt, der kann sich selbst nicht immer an die erste Stelle setzen. Nicht immer vorneweg gehen. Aber wer ihm nachfolgt, der hat Leben.
Susi scheint etwas davon verstanden zu haben. Ganz vorne gehen Jugendlichen des Ortes. Sie tragen abwechselnd ein Kreuz aus Holz vorneweg. Susi läuft nun direkt hinter ihnen. Später verrät sie mir: "Auch wenn ich dachte, ich kann nicht mehr, hat es mich motiviert, hinter dem Kreuz zu laufen, nicht aufzugeben." Mit dem Kreuz da kennen die Italienerinnen und Italiener keinen Spaß. Denn: Niemand darf vor dem Kreuz laufen. Über die ganzen 50 Kilometer wird genaustens darauf geachtet, dass niemand das Kreuz überholt.
Der Pilgerweg lehrt mich, aufeinander Rücksicht zu nehmen: Dankbar sein für jeden Schluck Wasser, für ein stärkendes Mittagessen und einen Schattenplatz. Und natürlich für die Menschen, die sich auf dem Weg um mich kümmern. Und ich bin dankbar für die guten Gespräche unterwegs, auch für die ermutigenden. Mich erinnert es daran, dass es manchmal, darauf ankommt: Nicht immer muss ich die Erste oder Schnellste sein. Das Kreuz hilft mir, zu begreifen, dass es immer noch etwas und jemand Größeren als mich gibt. Und dass es manchmal guttut, mich selbst nicht zu wichtig zu nehmen. Dass ich als Mensch immer auf andere angewiesen bin. Vielleicht ist es das, was Jesus meint, wenn er sagt: "Folge mir nach." Susi hat recht. Das zieht und mit dieser Haltung lassen sich die Wege meines Lebens besser schaffen!
Evangelium nach Lukas (Lk 9,18–24)
In jener Zeit betete Jesus für sich allein und die Jünger waren bei ihm. Da fragte er sie: Für wen halten mich die Leute? Sie antworteten: Einige für Johannes den Täufer, andere für Elíja; wieder andere sagen: Einer der alten Propheten ist auferstanden.
Da sagte er zu ihnen: Ihr aber, für wen haltet ihr mich? Petrus antwortete: Für den Christus Gottes. Doch er befahl ihnen und wies sie an, es niemandem zu sagen.
Und er sagte: Der Menschensohn muss vieles erleiden und von den Ältesten, den Hohepriestern und den Schriftgelehrten verworfen werden; er muss getötet und am dritten Tage auferweckt werden.
Zu allen sagte er: Wenn einer hinter mir hergehen will, verleugne er sich selbst, nehme täglich sein Kreuz auf sich und folge mir nach. Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben um meinetwillen verliert, der wird es retten.
Die Autorin
Luisa Maurer arbeitet als Pastoralreferentin im Bistum Trier und ist Rundfunkbeauftragte des Bistums für den Saarländischen Rundfunk und das Deutschlandradio.
Ausgelegt!
Als Vorbereitung auf die Sonntagsmesse oder als anschließender Impuls: Unser Format "Ausgelegt!" versorgt Sie mit dem jeweiligen Evangelium und Denkanstößen von ausgewählten Theologen.