Standpunkt

Die Kirche sollte sich gerade heute für Religionsfreiheit einsetzen

Veröffentlicht am 30.06.2025 um 00:01 Uhr – Von Michael Böhnke – Lesedauer: 

Bonn ‐ Mit dem Konzilsdokument "Dignitatis humanae" habe die Kirche ihren Herrschaftsanspruch über das Heil der Menschen aufgegeben, schreibt Michael Böhnke. Daraus ergebe sich eine Aufgabe für heute – auch gegen Widerstände im eigenen Lager.

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Was man heute als Säkularisierung bezeichnet, begann vor 500 Jahren mit der Umwandlung des Ordenslandes des Deutschen Ordens in ein weltlich erbliches Herzogtum. 1525 wurde die Herrschaft des Deutschen Ordens im preußischen und baltischen Raum beendet.

Albrecht von Brandenburg-Ansbach war 1511 zum Hochmeister des Deutschen Ordens ernannt worden. 1525 legte er sein Amt nieder, trat zur Reformation über und verwandelte als erster "Herzog in Preußen" die katholisch dominierte Herrschaft des Deutschordensstaates in das erbliche Herzogtum Preußen, das er bis zu seinem Tod im Jahr 1568 regierte. Durch das "Mandat vom 6. Juli 1525" hat er zudem im Herzogtum Preußen als erstem Territorialgebiet die Reformation eingeführt. Die Urkunde beinhaltet die Abkehr des Landes von der römisch-katholischen Kirche und die Absicht, "die Rückkehr des alleinigen Wort Gottes" (Sola scriptura) zu fördern.

Das Herzogtum Preußen war kein säkularer Staat im heutigen Sinn. Vielmehr war es das erste protestantische Land der Welt. Am 10. Dezember 1525 erließ der preußische Landtag die Kirchenordnung, die die neu entstandene Landeskirche von nun an regeln sollte.

Erst durch das in der Verfassungsordnung moderner Staaten eingeschriebene Grundrecht der Religionsfreiheit wurde der Staat selbst säkularisiert, das heißt in seinem Herrschaftsanspruch auf weltliche Aufgaben wie Sicherung des Friedens, des sozialen Zusammenlebens, der Gesundheit und der Bildung, beschränkt.

Die katholische Kirche hat die Religionsfreiheit vor 60 Jahren, im Konzilsdokument Dignitatis humanae vom 7. Dezember 1965, anerkannt. Damit hat sie ihren bis dahin bestehenden Herrschaftsanspruch über das Heil der Menschen aufgegeben. Sie sollte sich gerade heute entschieden für Religionsfreiheit einsetzen, weil Frieden in der Welt nicht anders möglich ist, und das Zeugnis von Gottes unbedingter Zuwendung zum Menschen nicht durch geistliche oder weltliche Herrschaftsansprüche diktiert werden kann. Auch gegen Widerstände im eigenen Lager sollte sie lernen, den Geist Gottes im Glaubenssinn der Gläubigen wahrzunehmen.

Von Michael Böhnke

Der Autor

Michael Böhnke ist emeritierter Professor für systematische Theologie an der Bergischen Universität Wuppertal. Außerdem ist er Ethik-Beauftragter des Deutschen Leichtathletikverbands.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.