Papst solle Informationen der Weltöffentlichkeit zur Verfügung stellen

Kirchenrechtler Schüller: Konklave braucht mehr Transparenz

Veröffentlicht am 30.06.2025 um 11:16 Uhr – Lesedauer: 

Freiburg/Münster ‐ Kein Bereich im Kirchenrecht sei normativ so klar geregelt wie die Wahl eines neuen Papstes, sagt Kirchenrechtler Thomas Schüller. Er wirbt dafür, dass künftig mehr Informationen aus dem Konklave publik werden sollten.

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Der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller hat sich für mehr Transparenz beim Konklave ausgesprochen. "Wie kann es sein, dass die Weltöffentlichkeit nicht erfahren darf, wie die Wahl konkret abgelaufen ist, wer wann in den verschiedenen Wahlgängen wie viele Stimmen erhalten hat und wie es am Ende zur Wahl mit der entsprechenden Zweidrittelmehrheit kam?", schreibt Schüller in einem Beitrag für die "Herder Korrespondenz" (aktuelle Ausgabe). Durch die Pflicht zur Geheimhaltung könnten Kardinäle auch Falschmeldungen nicht dementieren.

Der Kirchenrechtler verwies auf den Eid der wahlberechtigten Kardinäle, bevor diese ins Konklave einziehen. Darin sei bereits die Möglichkeit eingeräumt, dass ein Papst die Kardinäle von ihrer Schweigepflicht entbinden könne. "Von daher kann der neu gewählte Papst in eigenem Ermessen und mit primatialer Vollmacht ausgewählte Informationen zum Wahlgeschehen der Weltöffentlichkeit zur Verfügung stellen", so Schüller. "Dies nähme allen potenziell illoyalen Kardinälen, die ihren Eid brechen könnten, Wind aus den Segeln, weil die Deutungshoheit über das Konklave beim Papst liegen würde, der darüber befindet, was bekannt gemacht wird und was nicht."

Franziskus habe den Weg gewiesen

Schüller erklärt, dass Papst Franziskus nach seiner Wahl den Kardinal von Havanna, Jaime Lucas Ortega, damit beauftragt hatte, seine kurze Bewerbungsrede aus dem Vorkonklave zu veröffentlichen. "Diese Vorgehensweise dürfte den Weg weisen, wie ein neu gewählter Papst mit dem durchaus berechtigten Anliegen nach mehr Informationen zur Wahl im Sinne von Transparenz für die Gläubigen umgehen könnte."

Thomas Schüller beim Synodalen Ausschuss
Bild: ©KNA/Angelika Zinzow (Archivbild)

"Die Ereignisse nach dem jüngsten Konklave zeigen indes ein redseliges Gremium von Kardinälen, die, beseelt von ihren Heldentaten, Journalisten Details über das Wahlgeschehen mitteilen", sagt Kirchenrechtler Thomas Schüller. Für Gläubige könne dies ein Stein des Anstoßes werden.

Schüller räumt allerdings ein, dass Forderungen nach mehr Öffentlichkeit des Verfahrens sich "auf kirchenrechtlich vermintem Terrain" bewegten. "Es gibt wohl keinen Bereich im Kirchenrecht, der so minutiös normativ geregelt ist wie die Wahl eines neuen Papstes während eines Konklaves." Diese Normierung sorge für größtmögliche Rechtssicherheit. "Sie unterscheidet sich dadurch von den zumeist intransparenten Verfahren zur Ermittlung von Diözesanbischöfen."

"Redseliges Gremium von Kardinälen"

Freie und geheime Wahlen seien zudem ein hohes und schützenswertes Gut, da sie die Rechtmäßigkeit der Wahl garantierten und gleichzeitig den Ruf der Beteiligten schützten. "Die Ereignisse nach dem jüngsten Konklave zeigen indes ein redseliges Gremium von Kardinälen, die, beseelt von ihren Heldentaten, Journalisten Details über das Wahlgeschehen mitteilen." Für Gläubige könne dies ein Stein des Anstoßes werden, außerdem könnten interessierte Kreise gezielt Desinformationen streuen.

Schüller kritisiert, dass Strafen für plaudernde Kardinäle nicht angewandt würden. "Wie so oft in der kirchlichen Praxis werden kirchenrechtliche Normen, die Strafandrohungen enthalten, nicht oder nur defizitär angewandt", so der Kanonist. Nicht das zur Verfügung stehende Normenset stelle das Problem dar. "Stattdessen wenden autorisierte Päpste, Bischöfe und auch Pfarrer mit ihren jeweiligen Kurien die ihnen an sich bekannten Normen nicht an und lassen die Dinge einfach ohne Sanktionen laufen", schreibt Schüller. "Dies untergräbt die Rechtsmoral und macht das Kirchenrecht zu einem zahnlosen Tiger." (cbr)