Erst Pastoralreferent, jetzt doch Priester
Markus Hegewald trägt gerne einen weißen Einsteckkragen in seinem Hemd, ein für Priester und Diakone übliches Kleidungsstück. "Weil ich nach außen hin zeigen möchte, dass ich ein Geistlicher bin", erklärt der 31-Jährige, der dieses Jahr im Mai in Augsburg zum Diakon geweiht wurde. Durch den Kollar sei er "leichter als Seelsorger erkennbar und ansprechbar". Außerdem möchte der Diakon, der zurzeit ein Pastoralpraktikum in der Pfarrei Heiligstes Herz Jesu in Augsburg-Pfersee absolviert, seinen Beruf "nicht verstecken", wie er sagt. Hegewald weiß allerdings, dass der Kollar in manchen Situationen und Gesprächen Distanz schaffen könne. Manche denken dann vielleicht, dass er "klerikal" auftrete. Doch das möchte er keineswegs, so der Geistliche, der in einem Jahr zum Priester geweiht wird. Deshalb trägt Hegewald manchmal am Sakko ein kleines, silbernes Ansteckkreuz, das er zu seiner Diakonenweihe geschenkt bekommen hat. Damit möchte er deutlich machen, dass er mit Jesus unterwegs ist.
Auf seine Berufskleidung verzichtet der Diakon, wenn er privat unterwegs ist und zum Beispiel ins Kino geht. Früher hat Hegewald sogar aushilfsweise in einem Kino in Augsburg gearbeitet. Dort hat er Tickets und Popcorn verkauft, den Saal gereinigt und die Klos geputzt. Diese Arbeit habe er gerne getan, lacht der Seelsorger. Er schaue einfach zu gerne Filme im Kino.
Markus Hegewald ist in Ingolstadt mit zwei Geschwistern aufgewachsen. Seine Familie war religiös und in der Kirchengemeinde aktiv. Gemeinsam mit seiner Schwester hat er ministriert und war schon damals begeistert von dem, was "der Pfarrer am Altar macht", erinnert er sich. Neben der Schule war Hegewald auch in der kirchlichen Jugendarbeit engagiert, später ist er ehrenamtlich beim BDKJ im Diözesanvorstand tätig. Dort habe er sich mit anderen jungen Menschen kritisch mit Kirche und Glaube auseinandergesetzt. Die synodalen Strukturen im kirchlichen Jugendverband, die Vielfalt des Glaubenslebens sowie das gute Miteinander hat er positiv in Erinnerung. Damals hat er Menschen kennen gelernt, die ihn dazu inspirierten, Theologie zu studieren. Er beginnt nach dem Abitur an der Katholischen Universität in Eichstätt zu studieren und macht danach in der Diözese eine dreijährige Ausbildung als Pastoralassistent. Danach wechselt er ins Bistum Augsburg und wird als Pastoralreferent beauftragt. Von 2021 bis 2024 arbeitet Hegewald als Referent für Gemeindeentwicklung und lernt viele Pfarreien, deren Strukturen, die Teamarbeit, innovative Projekte und die Herausforderungen dabei kennen. Die Aufgabe erfüllt ihn, wie er im Rückblick feststellt. Damals war er in einer festen Partnerschaft. Doch die Beziehung geht auseinander: "Es hat einfach nicht funktioniert", erklärt der Theologe.
Markus Hegewald wird bei seiner Diakonenweihe in der Basilika St. Ulrich und Afra in Augsburg im Mai 2025 angekleidet.
Hegewald fragt sich, ob er noch auf der richtigen Lebensspur unterwegs ist und beginnt darüber nachzudenken, Priester zu werden. "Da war eine Sehnsucht in mir, die ich prüfen wollte", weiß Hegewald noch. Im Herbst 2023 geht er ins Priesterseminar Sankt Hieronymus in Augsburg, "ohne zu wissen, wie es ausgehen wird". Dort lebt er in einer Wohngemeinschaft mit anderen Männern, die sich auf den Priesterberuf vorbereiten. Manche von ihnen hatten wie er schon zuvor in einem anderen Beruf gearbeitet. Das bestärkt Hegewald. Die Gespräche dort, das intensive Gebetsleben und das gute Miteinander trägt ihn. "Jetzt ist es richtig", habe er sich damals gedacht. Während die anderen Priesteramtskandidaten an die Universität gingen, um zu studieren, "bin ich in mein Büro oder in die Pfarrgemeinden gefahren", berichtet der 31-Jährige. Seine Entscheidung, Priester werden zu wollen, sei mit der Zeit gereift. Auch weil er den inneren Wunsch hatte, seine "Sendung mehr leben zu wollen".
Heute sei er sich sicher, dass er ohne Familie und Partnerschaft leben möchte. "Ich habe mich für den Zölibat entschieden", sagt Hegewald. Während seines Theologiestudiums in Eichstätt hat er dort einmal das Kollegium Orientale kennengelernt. In dieser kirchlichen Einrichtung werden Priester ausgebildet, die einer Ostkirche angehören und zum Beispiel ukrainisch-katholisch sind. Laut ihrer orthodoxen Tradition ist ihnen ein Leben in einer Ehe und mit Familie erlaubt, wenn sie sich vor der Weihe dazu entscheiden. Dass diese Regelung nicht für ihn gilt, empfindet Hegewald keineswegs als Problem. Im Gegenteil. "Ich habe diesen kirchlichen Beruf bewusst gewählt und der Zölibat gehört eben auch dazu", betont er. Der Pflichtzölibat ist laut dem Kirchenrecht für katholische Priester vorgeschrieben. Hegewald kennt einige Priester, die diese Lebensform in seinen Augen vorbildlich leben. So möchte er sein Leben als Geistlicher auch gestalten. Dazu gehört für ihn das regelmäßige Stundengebet fünf Mal am Tag, das ihm guttue und Kraft gebe, wie er sagt. Genauso wie gute Freundschaften, seine Familie und das Kino, so der 31-Jährige.
Dass er, um Priester sein zu können, seinen früheren Beruf als Pastoralreferent aufgeben musste, empfindet er nicht als Bruch. Für ihn ist es mehr eine Weiterentwicklung. "Ich habe innerhalb der Kirche einfach einen anderen Beruf gewählt", erklärt Hegewald. Seine Erfahrungen helfen ihm heute dabei, den Blick auf die seelsorglichen Aufgaben zu schärfen.
Diakon Markus Hegewald hilft bei seinem Weihegottesdienst nach der Kommunion am Altar mit.
Markus Hegewald denkt immer wieder darüber nach, wie Kirche heute attraktiver sein könne. Und wie es gehen kann, dass er die Kirche zusammen mit anderen so voranbringen könne, um mehr Menschen zu erreichen. Ihm ist es wichtig, die Stärke der Institution zu zeigen. Die Stärke, das sind die Menschen in den Pfarreien, in kirchlich-sozialen Einrichtungen und auch anderswo, die anderen helfen, sie trösten und in schwierigen Situationen zueinanderstehen, ist der Diakon überzeugt. Diese Seite der Kirche komme in der Öffentlichkeit viel zu kurz, wie er sagt. Oft werden nur die negativen Schlagzeilen wahrgenommen. Dennoch finde er, dass die Aufarbeitung von Missbrauchsfällen weiter vorangetrieben und über kontroverse Themen wie über den Zölibat weiter diskutiert werden solle. "Dass da ein Gott ist, der barmherzig ist und uns liebt", sei für ihn jeden Tag neu ein Grund, für und in der Kirche zu arbeiten.
Hegewald freut sich darüber, nun endlich als Diakon in der Diözese Augsburg wirken zu können. In seiner Pfarrei arbeiten neben dem leitenden Pfarrer zwei weitere Priester, ein Pastoralreferent, ein Ständiger Diakon und eine Pastoralassistentin im Team. Er wohnt mit dem Pfarrer und zwei Priestern zusammen im Pfarrhaus und genießt den Austausch mit den Kollegen. Nun freut er sich darauf, mehr und mehr Aufgaben in der Gemeinde übernehmen zu können. Als Diakon lese er regelmäßig das Evangelium in Gottesdiensten vor, halte öfters die Predigt, habe schon Beerdigungen geleitet und ein Kind getauft. Im Sommer wird seine Schwester heiraten. Und dann wird Hegewald die Liturgie leiten, wenn sich das Brautpaar das Jawort gibt. Dass er diese familiäre Feier mitgestalten könne, darauf freut sich der Diakon schon sehr. Und er überlegt bereits, welche liturgische Kleidung für diese besondere Hochzeit angemessen sei. Noch schwanke er zwischen einer modernen Dalmatik oder einem Rauchmantel. "Es muss schon zur Gesamtästhetik passen", lacht der Geistliche. Dem Brautpaar wünscht er, dass ihre Ehe gelingen möge und Gott sie segne. Markus Hegewald ist froh, dass er jetzt schon als Diakon und bald als Priester für die Menschen da sein kann, wo sie ihn brauchen.
