Bedürfnis nach Sündenvergebung stark nachgefragt

Weltjugendtreffen in Rom: Wenn Tausende Jugendliche beichten

Veröffentlicht am 01.08.2025 um 17:26 Uhr – Von Ludwig Ring-Eifel (KNA) – Lesedauer: 

Vatikanstadt ‐ Beichten ist in manchen Ländern aus der Mode gekommen. Doch beim aktuell stattfindenden Weltjugendtreffen in Rom scheint das Bedürfnis nach Sündenvergebung weiter stark nachgefragt zu sein. Beobachtungen von einem nicht alltäglichen Ereignis.

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Brechend volle Bahnen und Busse gehören in diesen Tagen in Rom zum Stadtbild. Randvoll gepackt mit jungen Pilgern halten sie rings um den Vatikan. Wo dann bunte Scharen mit Seidenschals, grünen Kopfbedeckungen, Umhänge-Pässen und Armbändchen in Richtung Petersdom strömen, um dort zu singen, zu tanzen und zu feiern.

Doch an diesem Freitag gibt es noch eine zweite Bewegung. Es sind die vom Vatikan weg fahrenden Busse der Linie 23, die sich überfüllt durch den Verkehr quälen. Schwer beladen mit Sündern aus aller Herren Länder fahren sie am Tiber entlang. Auf der Höhe des Circus Maximus öffnen sich die Türen, und das bunte Völkchen strebt – etwas weniger ausgelassen als sonst in diesen Tagen – in Richtung der antiken Rennbahn. Dort wartet der an diesem Tag vermutlich weltgrößte Beichtstuhl auf sie.

Bitten um eine gute Beichte

Nur wenige bleiben bei der berühmten "Bocca della Verità" stehen. Dort halten Touristen ihre Hand ins Maul einer steinernen Fratze und müssen in diesem Moment die Wahrheit sagen, weil die Hand – so will es die Legende – sonst abgebissen wird. Um eine andere Form der Wahrhaftigkeit geht es denen, die an dem Mund der Wahrheit vorbei zum Circus Maximus eilen. Sie wollen ihre Sünden bekennen und um Lossprechung von ihrer Schuld bitten. Das gehört zum Pilgern im Heiligen Jahr dazu wie das Waschen der verschwitzten Hände vor dem Griff nach der Pizza aus der Pappschachtel beim Mittagessen.

Wie stets dieser Tage geben sich viele durch umgehängte Nationalfahnen zu erkennen. Doch anders als sonst gibt es keine lauten Gesänge. Es wird nicht geschwiegen, und doch ist es beinahe still. Innehalten ist angesagt. Eine zehnköpfige Gruppe aus Panama versammelt sich im Schatten eines Baums zu einem kurzen Gebet. Die Gruppenleiterin bittet um eine "gute Beichte" für ihre Schützlinge. Gleich daneben macht sich Pater Dieudonné aus dem Senegal für seinen Einsatz bereit. Wegen der Hitze hatte er seinen Priesterkragen abgelegt und sein Hemd aufgeknöpft, nun schiebt er ihn wieder an Ort und Stelle und strebt zum Eingang des Circus Maximus.

Bild: ©Cristian Gennari/Romano Siciliani/KNA

Junge Menschen aus der ganzen Welt bei einer Massenveranstaltung zum Sakrament der Buße und Versöhnung im Zuge des Weltjugendtreffens im Heiligen Jahr in Rom.

Wenig später wird er ein weißes Gewand und eine violette Stola übergestreift haben und in einem der vielen halboffenen Pavillons sitzen: die Hände auf einem Klapptisch, neben sich einen Ventilator und vor sich eine junge Frau oder einen jungen Mann aus einem französischsprachigen Land Europas oder Afrikas. So wie gleichzeitig etwa 200 andere Priester, wird auch er vor allem zuhören. Er wird manchmal nachfragen, wie etwas gemeint war, in einigen Fällen vielleicht einen Rat geben, und am Ende auf jeden Fall den ersehnten Satz sagen: "Ich spreche dich frei von deinen Sünden, im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes."

Viele der Priester in der Beicht-Zeltstadt verbinden diese Worte mit der Geste der Handauflegung, andere bloß mit dem Kreuzzeichen. Die von ihren Sünden Losgesprochenen verlassen den luftigen "Beichtstuhl" und gehen zügig Richtung Ausgang. Dort wartet als besondere Belohnung ein Erfrischungszelt mit einer Art Regendusche zum Durchgehen. Danach finden manche unter einem großen Schattendach Platz, wo sich die Gruppen wieder sammeln.

Ans Handy aber ohne Selfie

Eine Gruppe weiblicher Teenager aus den USA zückt gleich nach dem Verlassen des Geländes ihre Smartphones. Alle schreiben oder posten sie etwas, aber keine macht ein Selfie oder ein Gruppenfoto. Andere Jugendliche ziehen es vor, einzeln weiterzugehen und eine Kirche zum Gebet aufzusuchen. Etliche Gruppen wandern am Tiber entlang zum Vatikan zurück, um dort den vollkommenen Ablass mit einem Gang durch die Heilige Pforte des Petersdoms zu vollenden.

Denn die eben geschenkte Vergebung der Sünden ist nur einer von mehreren Schritten. Auch die negativen Konsequenzen des eigenen Versagens sollen annulliert werden. "Zeitliche Sündenstrafen" nennt das die christliche Theologie – vergleichbar mit dem "schlechten Karma", das nach Hindu-Lehre durch schlechte Taten in die Welt kommt. Befreit von alledem können die jungen Menschen am Samstagabend und am Sonntagmorgen mit Papst Leo XIV. am römischen Stadtrand Gottesdienst feiern.

Von Ludwig Ring-Eifel (KNA)