Was die Kirche aus dem Fall Brosius-Gersdorf lernen sollte
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Die Potsdamer Rechtswissenschaftlerin Frauke Brosius-Gersdorf wird nicht Richterin am Bundesverfassungsgericht. Sie hat ihre Kandidatur zurückgezogen und so der Koalition eine möglicherweise noch viele Wochen dauernde zermürbende Hängepartie erspart.
Über ihre Positionen kann man sicher differenziert diskutieren und ja, auch streiten. Aber wie mit ihr umgegangen wurde, das war unwürdig. In einer beispiellosen, von Rechtsaußen orchestrierten Schmutzkampagne wurde eine hoch angesehene, profilierte und in ihren Positionen sonst eher bürgerliche Juristin zu einer linksradikalen Aktivistin gestempelt. Einer Aktivistin so links und so radikal, dass sie neun Jahre lang als Richterin am sächsischen Verfassungsgerichtshof tätig war, gewählt wurde sie damals übrigens problemlos mit den Stimmen der sächsischen CDU.
Was also sollte man, sollen vor allem die Vertreter und Vertreterinnen aus der katholischen Kirche lernen aus den letzten Wochen? Dass sie sich vielleicht künftig zweimal fragen, vor wessen Karren sie sich da spannen lassen. Dass sie lernen, rechte Schmähkampagnen zu erkennen und zu durchschauen. Dass sie bei Themen, die schon seit langem von Rechtsaußen instrumentalisiert werden, umso wachsamer sind und deshalb besonders differenziert argumentieren. Dies ist umso wichtiger vor dem Hintergrund der erfreulich klaren Worte der katholischen Kirche zu völkischem Nationalismus und Rechtspopulismus.
Der Bamberger Erzbischof Herwig Gössl hat sich für seine in Unkenntnis geübte Pauschalkritik wenigstens entschuldigt. Das kann man von anderen Personen aus dem Bereich der katholischen Kirche leider nicht sagen.
Die Autorin
Annette Zoch ist Politikredakteurin der "Süddeutschen Zeitung" und schreibt dort über Religion und Kirche.
Hinweis
Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.
