Raphael Steden war als Jugendlicher in Köln dabei – heute ist er Pastor

Priester: Beim Weltjugendtag 2005 begann mein Berufungsweg

Veröffentlicht am 21.08.2025 um 00:01 Uhr – Von Steffen Zimmermann – Lesedauer: 
Priester: Beim Weltjugendtag 2005 begann mein Berufungsweg
Bild: © privat

Köln/Neheim ‐ Eigentlich wollte Raphael Steden 2005 gar nicht am Weltjugendtag in Köln teilnehmen. Weil ein Freund ihn überredete, fuhr er dann aber doch hin – und ließ sich von der begeisternden Atmosphäre anstecken. Dass er inzwischen selbst Priester ist, hängt auch mit den Tagen von Köln zusammen.

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Beim Blick auf kirchliche Großereignisse wie die Weltjugendtage wird gerne gefragt, ob Events dieser Art einen nachhaltigen Effekt etwa in Form eines stärkeren Gottesdienstbesuchs oder wachsender Berufungszahlen haben. Bei Raphael Steden lässt sich die Frage leicht beantworten: Als 17-Jähriger nahm er 2005 am Weltjugendtag in Köln teil – und heute ist er katholischer Priester im Erzbistum Paderborn. Ob und wie die Tage in Köln seine Berufung angestoßen oder verstärkt haben, erzählt er im Interview mit katholisch.de.

Frage: Herr Steden, Sie haben 2005 als Jugendlicher am Weltjugendtag in Köln teilgenommen und der Internetseite des Erzbistums Paderborn jetzt – zum 20-jährigen Jubiläum – erzählt, dass das Ereignis für Sie zur rechten Zeit kam und eine Art Berufungsprozess bei Ihnen angestoßen hat. Was hat Sie in Köln damals so beeindruckt, dass in Ihnen der Wunsch wuchs oder verstärkt wurde, selbst Priester zu werden? 

Steden: Bis zum Weltjugendtag hatte ich bereits einen "klassischen" kirchlichen Weg hinter mir: katholisches Elternhaus, Erstkommunion, Messdiener, Firmung. Anschließend war ich ein Jahr lang vertretungsweise im Pfarrgemeinderat, später dann Lektor und Obermessdiener. Was man eben so macht, wenn man katholisch sozialisiert wird (lacht). Kirche war insofern immer schon Teil meines Lebens. Als ich dann am Weltjugendtag teilnahm, hat sich mein Blick auf Glaube und Kirche aber noch einmal deutlich geweitet. Bei den Tagen der Begegnung hatten wir in unserer Pfarrei damals Brasilianer einer neuen geistlichen Gemeinschaft zu Gast, die sehr lebhaft vom Glauben sprachen und auch sehr lebhaft Gottesdienste feierten. Das hat mich tief beeindruckt. Und das war dann auch die erste Zeit, in der der Gedanke aufkam, ob nicht auch ein beruflicher Weg in der Kirche eine Option für mich sein könnte. 

Frage: Gab es damals jenseits der Begegnung mit den Brasilianern vielleicht ein Erlebnis, das sich Ihnen besonders eingeprägt hat und das Sie rückblickend vielleicht als eine Art Berufungserlebnis bezeichnen würden?

Steden: Ein konkretes Ereignis gab es nicht – aber ein Lied, das mir lange im Kopf geblieben ist: "Emmanuel". Das war zwar schon das offizielle Lied des Weltjugendtags 2000 in Rom, richtig kennengelernt habe ich es aber erst 2005 durch die Brasilianer. Ich war vorher eigentlich nicht so ein "Musik-Typ", damals habe ich dann aber gemerkt, dass mich neue geistliche Musik sehr anspricht. Worship-Lieder zum Beispiel bilden für mich bis heute einen großen geistlichen Zugang zum Herrn.   

„Zu meiner Geschichte gehört, dass ich 2005 eigentlich gar nicht so große Lust auf den Weltjugendtag hatte; ein guter Freund hat mich damals erst überreden müssen, überhaupt teilzunehmen.“

—  Zitat: Pastor Raphael Steden

Frage: Wie entwickelte sich aus dem Impuls durch den Weltjugendtag ein wirklicher Berufungsweg? 

Steden: Zu meiner Geschichte gehört, dass ich 2005 eigentlich gar nicht so große Lust auf den Weltjugendtag hatte; ein guter Freund hat mich damals erst überreden müssen, überhaupt teilzunehmen. Ich war damals ein eher zurückhaltender Typ. Eine wichtige Rolle haben dann aber tatsächlich die Brasilianer gespielt: Sie haben in Köln mehrfach die Einladung ausgesprochen, sie einmal in ihrer Heimat zu besuchen. Insbesondere der Freund, der mich überhaupt erst zur Teilnahme am Weltjugendtag überredet hatte, hat das ernst genommen, und 2006 sind wir dann tatsächlich mit einer Gruppe von 16 jungen Menschen drei Wochen lang in Brasilien gewesen. In der Gruppe hatte ich damals ein klein wenig die Rolle eines geistlichen Begleiters: zuhören bei Problemen, Gottesdienste vorbereiten und so weiter. Damals habe ich gemerkt, dass das etwas für mich sein könnte. Deshalb habe ich ein Jahr später nach dem Abitur angefangen, Theologie zu studieren – zunächst aber nur mit dem Ziel, einfach zu gucken, ob das tatsächlich etwas für mich ist.

Frage: Gab es in dieser Zeit oder auch später Phasen des Zweifelns oder der Distanz zur Kirche?

Steden: Solche Phasen gab und gibt es immer mal wieder. Grundsätzlich kann ich aber sagen, dass ich mich auch in herausfordernden Zeiten immer getragen gefühlt habe. Und ich bin immer noch froh und dankbar, dass ich bei meiner Priesterweihe vor dem Altar und dem Erzbischof mein "Hier bin ich" gesprochen zu haben.  

Bild: ©KNA/Wolfgang Radtke (Archivbild)

Papst Benedikt XVI. grüßt am 18. August 2005 von einem Boot auf dem Rhein die Jugendlichen am Ufer beim Weltjugendtag in Köln.

Frage: Der Weltjugendtag ist für viele Teilnehmer ein Fest des Glaubens, für andere ist er vor allem eine riesige Massenveranstaltung. Wie sehen Sie die Bedeutung solcher Events heute?

Steden: Ich erlebe es immer wieder, dass ich Menschen treffe, die 2005 auch am Weltjugendtag teilgenommen haben und bis heute sehr lebendige Erinnerungen an dieses Ereignis haben. Ich denke, daran kann man gut sehen, welch prägenden Einfluss die Weltjugendtage auf junge Menschen haben. Den eigenen Glauben mit so vielen Menschen feiern zu können und auf diese Weise zu spüren, dass man Teil einer weltumspannenden Gemeinschaft ist – das sind Erinnerungen, die sich unauslöschlich einprägen. Ähnliches erlebe ich zum Beispiel auch, wenn ich heute einmal im Jahr mit einer Gruppe in Taizé bin oder wenn ich an der Kommunionkinderwallfahrt in unserem Erzbistum teilnehme.

Frage: Wenn Sie auf Ihre eigene Generation schauen: Hat der Kölner Weltjugendtag langfristig etwas bewirkt? Die jungen Teilnehmer von damals sitzen heute – zumindest in Deutschland – eher nicht im Sonntagsgottesdienst ...

Steden: Das tatsächlich nicht. Aber ich glaube, dass viele der damaligen Teilnehmer der Kirche in den Jahren danach schon verbunden geblieben sind. Bei uns entstand im Nachgang des Weltjugendtags eine Reihe von Jugendgottesdiensten, für die wir extra eine Band aus einem Nachbardorf organisiert hatten. Eines der damaligen Bandmitglieder ist heute Mitarbeiterin in einem kirchlichen Jugendhaus. Andere ehemalige Teilnehmer wiederum sind heute selbst Eltern, und ihnen ist die Erstkommunion ihrer Kinder sehr wichtig. Bei mir persönlich haben sich in der Zeit damals viele neue Freundschaften entwickelt, die näher an der Kirche dran waren.

Frage: Wirkt das Erlebnis von 2005 heute noch in Ihrem priesterlichen Alltag nach? Gibt es Momente in Ihrem pastoralen Dienst, in denen Sie sich an den Weltjugendtag zurückerinnert fühlen?

Steden: So direkt nicht. Aber sobald ich die Lieder von damals höre, kommen sofort wieder viele Erinnerungen an damals hoch. Gleiches gilt für die Initiative Nightfever, die im Nachgang des Weltjugendtags entstand und durch die ich einen guten Zugang zu Anbetung gefunden habe. Freunde von mir waren beim Weltjugendtag 2013 in Rio de Janeiro dabei und haben danach die Initiative "Young Mission" im Jugendhaus Hardehausen gestartet, die bis heute dreimal im Jahr sehr erfolgreich 100 bis 200 Jugendliche zu einem kleinen "Weltjugendtag" zusammenbringt.

Von Steffen Zimmermann