Louisa Pötter über das Sonntagsevangelium

Die himmlische Kunst der Gastfreundschaft nach Jesus

Veröffentlicht am 30.08.2025 um 10:10 Uhr – Lesedauer: 
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Osnabrück ‐ Verwandte, Freunde oder gar nützliche Kontakte? Jesus bricht im Sonntagsevangelium mit dieser berechnenden Einladungslogik. Louisa Pötter entdeckt darin auch eine Ermutigung, Spuren des Gottesreichs im Alltag zu entdecken. Manchmal reicht schon ein kleine Geste.

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"Lade Arme, Krüppel, Lahme und Blinde ein." – Mit dieser Aufforderung stellt Jesus das übliche Verständnis von Gastfreundschaft auf den Kopf. Denn wenn wir ehrlich sind, öffnen wir meistens unsere Türen für Menschen, die uns nahe sind, die wir mögen oder von denen wir im Gegenzug etwas erwarten können: ein freundliches Wort, eine Gegeneinladung, ja vielleicht sogar einen eigenen Vorteil. Jesus aber bricht mit dieser Logik. Für ihn zeigt sich echte Gastfreundschaft gerade darin, dass wir uns denen zuwenden, die uns nichts zurückgeben können.

Wir leben jedoch in einer Gesellschaft, in der vieles nach Geben und Nehmen, nach Leistung funktioniert. Schon als Kind haben wir gelernt: Wer sich anstrengt, wird belohnt. Wer nichts leistet, fällt durchs Raster. Jesus ist aber überzeugt: Genau diese Menschen gehören an den Tisch. Mitten hinein, nicht auf einer Warteliste oder am Rand.

Der Evangeliumstext kann also eine Einladung sein, unsere eigenen "Gästelisten" zu überdenken. Wen lade ich ein? Wer kommt bei mir vor? Familie, Freunde, Menschen, die ich gernhabe und die mir vertraut sind. Aber was ist mit denen, die stören, unangenehm sind oder "nichts zurückbringen", die ich deswegen außen vorlasse und nicht einlade? Ein Blick auf die, die keinen Platz haben, kann unbequem sein: die einsame Nachbarin, der Mensch ohne Obdach in der Innenstadt, die Kollegin, die die Mittagspause immer allein verbringt.

Jesus verspricht keinen unmittelbaren Lohn. "Du wirst selig sein, denn sie können es dir nicht vergelten; es wird dir aber vergolten werden bei der Auferstehung der Gerechten." Was er aber schenkt, ist eine neue Sichtweise auf das Reich Gottes. Es ist kein VIP-Bereich und keine geschlossene Gesellschaft. Dort zählt nicht, was jemand vorzuweisen hat. Niemand muss sich erst qualifizieren, niemand etwas leisten. Es ist ein Fest, zu dem jede*r eingeladen ist.

Vielleicht können wir im Kleinen anfangen: einen Platz freihalten am eigenen Tisch, eine unerwartete Einladung aussprechen, ein offenes Ohr für jemanden haben, der sonst übersehen wird. Solche kleinen Gesten sind Spuren des Reiches Gottes im Alltag. Und am Ende geht es nicht um perfekte Gastfreundschaft, sondern um eine Haltung: die Bereitschaft, Raum zu schaffen für andere. Wer diesen Schritt wagt, spürt schon hier, wie Gottes Liebe wirkt. In uns selbst und in den Menschen, die wir einladen.  

Evangelium nach Lukas (Lk 14,1.7–14)

Jesus kam an einem Sabbat in das Haus eines führenden Pharisäers zum Essen. Da beobachtete man ihn genau. Als er bemerkte, wie sich die Gäste die Ehrenplätze aussuchten, erzählte er ihnen ein Gleichnis. Er sagte zu ihnen:

Wenn du von jemandem zu einer Hochzeit eingeladen bist, nimm nicht den Ehrenplatz ein! Denn es könnte ein anderer von ihm eingeladen sein, der vornehmer ist als du, und dann würde der Gastgeber, der dich und ihn eingeladen hat, kommen und zu dir sagen: Mach diesem hier Platz! Du aber wärst beschämt und müsstest den untersten Platz einnehmen.

Vielmehr, wenn du eingeladen bist, geh hin und nimm den untersten Platz ein, damit dein Gastgeber zu dir kommt und sagt: Mein Freund, rück weiter hinauf! Das wird für dich eine Ehre sein vor allen anderen Gästen. Denn wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt, und wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden.

Dann sagte er zu dem Gastgeber: Wenn du mittags oder abends ein Essen gibst, lade nicht deine Freunde oder deine Brüder, deine Verwandten oder reiche Nachbarn ein; sonst laden auch sie dich wieder ein und dir ist es vergolten. Nein, wenn du ein Essen gibst, dann lade Arme, Krüppel, Lahme und Blinde ein. Du wirst selig sein, denn sie haben nichts, um es dir zu vergelten; es wird dir vergolten werden bei der Auferstehung der Gerechten.

Die Autorin

Louisa Pötter ist ausgebildete Gemeindereferentin und arbeitet derzeit als Referentin für interne Kommunikation im Bischöflichen Generalvikariat des Bistums Osnabrück. Dort ist sie unter anderem für das Intranet verantwortlich.

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