Standpunkt

Es braucht eine Reform im Umgang der Kirche mit Ordensfrauen

Veröffentlicht am 10.09.2025 um 00:01 Uhr – Von Felix Neumann – Lesedauer: 

Bonn ‐ Schismatische Klarissen in Spanien, entlassene Karmelitinnen in Texas, betagte Klosterbesetzerinnen in Österreich: Immer wieder gibt es spektakulären Streit um Frauenorden. Das darf man nicht als bunte Geschichten abtun, kommentiert Felix Neumann.

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Die Geschichten sind auf den ersten Blick wunderbarer Boulevard: Die schismatischen Klarissen von Belorado, der Krimi ums sechste Gebot, Drogen und Traditionalismus bei den Karmelitinnen von Arlington, und jetzt die Klosterbesetzung der drei betagten Augustiner-Chorfrauen im österreichischen Goldenstein. Dazu kommen weniger schillernde Fälle wie im süditalienischen Ravello und in Pienza in der Toskana. Jeder einzelne Fall ist speziell. Was die Fälle verbindet: Es handelt sich um Frauenorden. Vergleichbare Fälle bei Männerorden, zumal in dieser Häufigkeit, muss man suchen. 

Für sich genommen, sind es jeweils tragische Fälle. Zusammen betrachtet, stellt sich die Frage: Woran liegt es? Die Situation von Ordensfrauen ist latent prekär. Nicht primär aufgrund des Ordensvermögen, das kein persönliches ist, sondern Vermögen der Kirche – das ist auch bei Männerorden so. Wichtiger dürfte der Unterschied hinsichtlich der Weihe sein: Viele Ordensmänner sind Kleriker und bleiben das, auch wenn ihr Orden erlischt oder sie entlassen werden. Um sie muss sich die Kirche sorgen, will sie nicht Vagantenpriester riskieren. Ordensfrauen kehren dagegen einfach in den Laienstand zurück. 

Dazu kommt die ausgesprochen ungleiche Regulierung von Männer- und Frauenorden. Vergleichbar strenge und allgemeine Regulierungen, wie sie die Instruktion "Cor orans" des Ordensdikasteriums für Nonnenorden aus dem Jahr 2018 vorsieht, gibt es für Männerorden nicht. Diese Regeln waren trotz teilweiser Verbesserungen beim Umgang mit der Klausur von Anfang an umstritten. Vor allem, weil sie gewachsene Strukturen nicht akzeptierten und den Zusammenschluss in Verbänden vorgab, aber auch weil die von Nonnen verlangte Ausbildungszeit mit neun Jahren als unverhältnismäßig lang angesehen wurde.

Immer wieder für Konflikte sorgt die Art, wie Verwalter – oft Bischöfe – von außen bestellt werden. Es gibt also viele Gründe, die sich in Konflikten Bahn brechen können. Nach fast zehn Jahren wäre es an der Zeit, die Regelungen von "Cor orans" und den Umgang mit Frauenorden allgemein in den Blick zu nehmen. Einen Hoffnungsschimmer gibt es: Seit Januar steht mit Simona Brambilla eine Ordensfrau dem Ordensdikasterium vor. Papst Leo XIV. ernannte mit Tiziana Merletti als Sekretärin eine weitere – zwei Frauen also an der Schaltstelle im Vatikan, die Veränderung anstoßen kann. Das ist dringend nötig. Die Fälle von Arlington, Belorado und Goldenstein, so verschieden sie auch sind, sollten nicht nur als kuriose Geschichten abgetan werden, sondern als Anlass, den Umgang der Kirche mit ihren Ordensfrauen grundsätzlich zu reflektieren und besser zu regulieren. 

Von Felix Neumann

Der Autor

Felix Neumann ist Redakteur bei katholisch.de und stellvertretender Vorsitzender der Gesellschaft Katholischer Publizistinnen und Publizisten (GKP).

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider.