Standpunkt

Päpste sollten das Kardinalat leichter entziehen können

Veröffentlicht am 15.09.2025 um 00:01 Uhr – Von Andreas Püttmann – Lesedauer: 

Bonn ‐ Andreas Püttmann kritisiert mehrere Aussagen von Kardinal Gerhard Ludwig Müller – vor allem dessen Kommentar zur US-amerikanischen Trump-Regierung. Deshalb fordert er, dass der Papst leichter gegen Kardinäle vorgehen kann.

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Als Demokrat und Christ kann man in Donald Trump viel sehen: den Supermacht-Präsidenten, der der Ukraine in ihrem Existenzkampf gegen den Massenmörder Putin nötige Hilfen verweigert; den Dauerlügner und Putschisten gegen eine korrekte Wahl; den Treiber menschenverachtender Deportationen und Begnadiger rassistischer Rechtsextremisten; den gerichtsnotorischen Kriminellen und sexuell Zügellosen mit dubioser Nähe zu Jeffrey Epstein; die Abrissbirne am US-Rechtsstaat und der regelbasierten Weltordnung. Kurzum: ein wohlstandsverwahrloster, brandgefährlicher Demagoge mit Autokratiegelüsten, dem die US-Staatsgewalt zufiel, fatal für Freiheit, Frieden, Wohlstand und das nackte Leben all derer, denen die USA humanitäre und medizinische Hilfe strich.

Die Inspiration des Konklaves, in dieser Lage einen gegenteilig profilierten US-Bürger mit Südhalbkugel-Perspektive ins Petrusamt zu berufen, imponierte. Kardinal Gerhard Ludwig Müller indes ließ sich am 6.9. in Assisi mit einem Kongress-Grusswort vernehmen, das rechte Netzmedien begierig verbreiteten. Gegen den "Gender-Wahn", der "Jugendlichen einredet, sie könnten ihr Geschlecht wechseln", befand der 2017 abgelöste Glaubenspräfekt: "Jeder Katholik in den USA und besonders der Episkopat" müsse "der Trump-Regierung dankbar sein, dass in der Führungsmacht des freien Westens das natürliche Sittengesetz, das in der Vernunft jedes gewissenhaften Menschen als sittlicher Maßstab erkennbar ist, wieder zur Grundlage staatlichen Handelns gemacht wird" – ein angesichts des desaströsen Trump-Gesamtbilds groteskes Lob. Auf Opfer des empathiebefreiten, autoritären Trumpismus muss es zynisch oder bodenlos dumm wirken.

Abgesehen vom schludrig-polemischen Umgang mit dem komplexen, sensiblen Thema sexuelle Identität, bei dem die Kirche ihrem eigenen Anspruch nach (GS 36) die Humanwissenschaften hören muss, ist es obszön, einem amoralischen Regime für ein einzelnes, vermeintlich richtiges Gesetz hymnisch zu danken. Wer die Systemfrage ausblendet, hat nichts aus der Geschichte gelernt! Sozialethik auf vorkonziliarem Niveau: eindimensional apodiktisch deduzierend, getrieben vom Tunnelblick auf Geschlechterfragen. Päpste sollten das Kardinalat leichter entziehen können. Nicht nur bei schweren Verfehlungen, sondern auch bei serieller Irrlichterei.

Von Andreas Püttmann

Der Autor

Andreas Püttmann ist Politikwissenschaftler und freier Publizist in Bonn.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.