Standpunkt

Schöpferische Basisarbeit statt päpstliches Erbsenzählen

Veröffentlicht am 23.09.2025 um 00:01 Uhr – Von Christoph Paul Hartmann – Lesedauer: 

Bonn ‐ Das erste große Interview mit Papst Leo XIV. schlägt hohe Wellen. Dabei gerät in Vergessenheit, dass die Kirche in erster Linie an der Basis lebt, kommentiert Christoph Paul Hartmann. Er wünscht sich einen schöpferischen Geist vor Ort.

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Papst Leo XIV. gibt sein erstes programmatisches Interview – und in der katholischen Welt geht das große Erbsenzählen los: Was hat er genau gesagt, ist das ein Rückschritt oder ist der gebürtige US-Amerikaner doch offen für eine Kirche, die die Menschen in der Welt wirklich ernst nimmt?

Diese Analysen sind spannend wie kirchenpolitisch relevant, denn immerhin ist der Papst das Oberhaupt der Kirche. Doch dabei gerät für das Glaubensleben ein ganz entscheidender Faktor aus dem Blickfeld: Rom ist weit weg!

Die Kirche lebt nicht in allererster Linie in Rom, sondern vor Ort! In den Gemeinden und Gemeinschaften überall auf der Welt, in ganz verschiedenen gesellschaftlichen Zusammenhängen und kulturellen Umfeldern. Dort müssen Lösungen und Konzepte entstehen, im Ernstfall auch als Sprung über Lücken und Ungereimtheiten, die die Behördenzentrale um den Vatikan produziert. Denn in einer multipolaren Welt müssen immer wieder und überall neu Ausdrucksformen für den Glauben gefunden werden.

Nicht zuletzt an der Kirche in Deutschland gibt es oft die Kritik, dass man hierzulande zu sehr auf die Regeln poche, auf Gesetze und Leitfäden – und auf Vorgaben aus der Zentrale wartet, anstatt einfach mal zu machen. Da ist was dran. Welche Rolle spielen Frauen, wie gehen wir mit Menschen außerhalb überkommener Lebensentwürfe um – da geht es in einer konkreten Gemeinde um konkrete Menschen, sie sollten im Glauben eine Lösung finden, die vor Ort funktioniert. Anstatt immer direkt den großen Aufschlag mit Leitfäden und Richtlinien anzugehen, ist es oft sinnvoller, einfach als lebendige Kirche vor Ort voranzugehen, auszuprobieren und auf die Menschen einzugehen. Der Papst in Rom ist wichtig als Bewahrer der Einheit. Aber unter dem Dach der einen katholischen Kirche hat es schon immer eine große Vielfalt an Ausprägungen gegeben. Deshalb: Mit Taten vorangehen, vor Ort den Glauben feiern. Anstatt auf die Impulse von oben zu warten lieber an der Basis den Boden bereiten.

Von Christoph Paul Hartmann

Der Autor

Christoph Paul Hartmann ist Redakteur bei katholisch.de.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider.