Welche Ernte bringt mein Leben?
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"Wir sind unnütze Knechte; wir haben nur unsere Schuldigkeit getan." Das sind keine untertänigen, sondern freie, staunende Worte. Sie entspringen einer Haltung, die das Aufgetragene mit dem eigenen Leben annimmt. Zu etwas zu nütze zu sein und hilfreich wirken zu können, ist – trotz aller Anstrengung – ein Glück.
Heute ist Erntedanksonntag. In vielen Kirchen sieht man die Erntekrone. Getreide, Obst, Gemüse und Blumen stehen vor dem Altar. Es ist ein Fest der Entschleunigung und des Innehaltens. Aussaat, Blühen, Wachsen und Reifen haben Monate in Anspruch genommen. Tag und Nacht, Sonne und Regen, Arbeit und Ruhen waren Teil dieses großen Bogens. Wir danken für den Ertrag der Ernte, der uns leben lässt. Wir feiern das Geheimnis des Lebens. Der todkranke Franz von Assisi dichtete vor 800 Jahren den Sonnengesang, in dem Dankbarkeit und Verbundenheit erklingen. Er ist am Ende seines Lebens; gezeichnet von Krankheit, von Querelen in der Gemeinschaft, vom Leid und Schmerz vieler Menschen, von den Wundmalen des Herrn. Er preist Gott für die Sonne, Mond und Sterne, für Wasser, Wind und Erde. Er preist ihn für jene, die verzeihen, und für unsere Schwester, den leiblichen Tod.
Ich frage mich, was die Ernte meines Lebens sein wird. Ich wünschte mir, dass es Ähnliches wie bei Franziskus sei. Dass ich trotz Enttäuschungen und Verwundungen aus der Tiefe meines Herzens Gott loben kann. Dass Demut gewachsen sein wird, Milde, Mut und Geduld. Wenn dies der Fall sein sollte, wird das nicht mein Verdienst sein. Sondern ich werde immer nur eine sein, die versucht hat, zu antworten. Ich würde sehr glücklich sein, wenn ich sagen könnte: "Ich habe nur meine Schuldigkeit getan." Wir werden staunen, wie Gott "arbeitend" darin gegenwärtig war und für viele wachsen ließ.
Wer an die Ernte glaubt, kann sich selbst säen in unserer Zeit. Ernte fragt nach dem großen Ganzen. Was ist uns aufgetragen? Was soll wachsen? Was trägt Frucht? Vor kurzem bin ich auf einen gemalten Kreuzweg in einer Kirche in Hannover gestoßen. Ich habe mir eine Karte davon auf den Schreibtisch im Büro gestellt. Auf seltsame Weise entlastet mich der Blick darauf. Es geht nicht nur darum, gegen das Leid anzukämpfen, sondern auch an die transformierende Kraft des Mitleidens zu glauben. Papst Leo hat dazu aufgerufen, im Oktober besonders für den Frieden zu beten. Vielleicht ist die erste Ernte eines solchen Gebets nicht ein Waffenstillstand. Vielleicht hält es das Voranschreiten der Gewalt nicht auf. Vielleicht aber wachsen Hoffnung, Mitleiden und Verbundenheit mit der ganzen Schöpfung. – Und das verspricht eine reiche Ernte in einer Zukunft, die wir jetzt noch nicht kennen.
Evangelium nach Lukas (Lk 10,38–42)
In jener Zeit baten die Apostel den Herrn: Stärke unseren Glauben!
Der Herr erwiderte: Wenn ihr Glauben hättet wie ein Senfkorn, würdet ihr zu diesem Maulbeerbaum sagen: Entwurzle dich und verpflanz dich ins Meer! und er würde euch gehorchen.
Wenn einer von euch einen Knecht hat, der pflügt oder das Vieh hütet, wird er etwa zu ihm, wenn er vom Feld kommt, sagen: Komm gleich her und begib dich zu Tisch?
Wird er nicht vielmehr zu ihm sagen: Mach mir etwas zu essen, gürte dich und bediene mich, bis ich gegessen und getrunken habe; danach kannst auch du essen und trinken. Bedankt er sich etwa bei dem Knecht, weil er getan hat, was ihm befohlen wurde?
So soll es auch bei euch sein: Wenn ihr alles getan habt, was euch befohlen wurde, sollt ihr sagen: Wir sind unnütze Knechte; wir haben nur unsere Schuldigkeit getan.
Die Autorin
Anne Kurz ist Schwester der Gemeinschaft Verbum Dei. Sie ist Referentin für Liturgie im Bistum Hildesheim, Geistliche Begleiterin und Supervisorin in Ausbildung.
Ausgelegt!
Als Vorbereitung auf die Sonntagsmesse oder als anschließender Impuls: Unser Format "Ausgelegt!" versorgt Sie mit dem jeweiligen Evangelium und Denkanstößen von ausgewählten Theologen.
