Theologische Selbstvergewisserung der Wohlmeinenden?

HTML-Elemente (z.B. Videos) sind ausgeblendet. Zum Einblenden der Elemente aktivieren Sie hier die entsprechenden Cookies.
Ironisierung ist ein bekanntes, effektives Mittel der Diskreditierung. Wir kennen das von dem Umgang mit dem Begriff "Willkommenskultur". Auch dieses Wort muss man heute ausdrücklich von seinen verhöhnenden Ironisierungen befreien, wenn man es weiterhin zustimmend benutzen will - was ich im übrigen entschieden will.
Katholisch.de hat an prominenter Stelle die Erklärung des ZdK-Arbeitskreises Christen und Muslime, die am 17. Mai in Leipzig der Vollversammlung des ZdK und der Öffentlichkeit präsentiert wurde, als "theologische Selbstvergewisserung der Wohlmeinenden" charakterisiert. Nach einer kurzen Würdigung der theologischen Arbeit an der Konsensfindung zum Thema Gewalt - "soweit, so selbstverständlich" - wird aufgelistet, was der Text alles an aktuellem Weltgeschehen "ausblendet". Am Ende stehen die Wohlmeinenden als die Ausblender da.
Dazu ist zu sagen: Erstens: Die Rückseite von "wohlmeinen" ist nicht "ausblenden". Im Gegenteil. Das Gespräch zwischen Christen und Muslimen über ihr Selbstverständis muss unbedingt auf der Grundlage des "Wohlmeinens" stattfinden, ohne das dahinter sofort ein "Aaaaaaber" geklebt wird, das dieses Wohlmeinen schon wieder zur Hälfte zurücknimmt. Auch das Ansprechen von kritischen Punkten muss in der Atmosphäre des Wohlwollens geschehen. Wenn das nicht der Fall ist, kommt so etwas heraus wie dieser Tage die Crash-Begegnung von AfD-Politikern und dem Zentralrat der Muslime.
Zweitens: Bei theologischer Selbstvergewisserung geht es nicht um Selbstverständlichkeiten. Beispiel: Die katholische Kirche hat lange gebraucht, um die historisch-kritische Methode für den Umgang mit der Bibel anzuerkennen, und manche Kreise tun sich bis heute sehr schwer damit. Muslime, die ihrerseits den Koran historisch-kritisch lesen und sich ausdrücklich dazu bekennen - wie dies übrigens die muslimischen Vertreter vor der Vollversammlung des ZdK auch noch einmal ausdrücklich und mit theologischen (!) Argumenten taten - begeben sich ihrerseits in einen massiven Konflikt. Wer die hohen existentiellen und auch theologischen Risiken ausblendet, die mit dem Ringen im interreligiösen Gespräch um Konsense verbunden sind, erniedrigt Theologie zu einem Glasperlenspiel mit bloßen Worten.
Also: Nichts für ungut: Das Wort und die Haltung des "Wohlmeinens" ist mir zu kostbar. Ich lasse es mir nicht für einen kurzen rhetorischen Effekt zerschießen - und auch nicht die zarten Früchte eines mühsamen theologischen Gespräches, das weiter gehen muss und das noch lange dauern wird.