Walter Brüggemann über unterschiedliche Lebensstandards

Reis statt Garnelen

Veröffentlicht am 04.09.2014 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Ein Mädchen nimmt einen Löffel mit Essen in den Mund.
Bild: © Privat
Peru-Blog

Cañete ‐ Seit vier Wochen lebt Walter Brüggemann nun schon als Voluntario im Kinderdorf in Cañete. Er verbringt viel Zeit mit den Kindern. Es sind Jungen und Mädchen, die auf ein Leben voller Armut und Widrigkeiten zurückschauen und die in der Casa Rosa eine neue Heimat gefunden haben. Dennoch ist ihr Lebensstandard kaum mit dem in Deutschland zu vergleichen. Walter Brüggemann wagt dennoch einen Versuch und zeigt anschaulich, was es bedeutet, in unterschiedlichen Welten zu leben.

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Die ersten vier Wochen im Kinderdorf liegen hinter mir und ich gewöhne mich immer mehr ein. Gerne verbringe ich meine Zeit mit den Kindern der Casa Rosa und erlebe jeden Tag mindestens einen Glücksmoment mit den Jungen und Mädchen.

Ein Foto über WhatsApp

Auf diese Weise erfahre ich mehr und mehr über die Lebensverhältnisse und Umstände, aus denen sie kommen. Für mich ein Anlass, schon jetzt kurz inne zu halten und einen Blick auf die unterschiedlichen Verhältnisse zu werfen, die mein Leben in Deutschland und das der Kinder in Peru trennen.

Walter Brüggemann sitzt mit Kindern an einem Tisch.
Bild: ©Privat

Walter Brüggemann beim gemeinsamen Essen mit den Kindern der Casa Rosa.

Mit der "alten Welt" bin ich über verschiedene Kommunikationskanäle verbunden. Hierzu gehört auch das Chatprogramm WhatsApp. Einige meiner Freunde haben sich darin zu einer Gruppe zusammengeschlossen und tauschen untereinander regelmäßig interessante Momentaufnahmen aus ihren Leben aus. Kürzlich erhielt ich auf diese Weise ein Bild, das mich innehalten ließ. Es stammt von einem Freund, der gerade mit seiner Familie auf Sylt Urlaub machte und uns an einem kleinen Zwischenimbiss teilhaben ließ: ein schön eingedeckter Tisch, Garnelen, Salat, dazu Wein.

Ich kenne diese Imbisse aus all den Jahren, in denen ich mit meiner Familie in den Urlaub gefahren bin und glücklich die Seele baumeln ließ, wohl wissend, wie gut es mir ging. Ich habe diese Zeiten immer sehr genossen. Und sicherlich werde ich auch an Weihnachten und Neujahr - wenn ich für zwei Wochen nach Deutschland komme – an den Köstlichkeiten auf den reich gedeckten Tischen teilhaben - aber diesmal bestimmt anders!

Kontakt zu Walter Brüggemann

Haben Sie Fragen oder Anmerkungen? Wenn Sie Walter Brüggemann schreiben möchten, erreichen Sie ihn unter brueggemann.walter@icloud.com

"Es bleibt kein Krümel übrig"

Hier im Kinderdorf gibt es keinen Zwischenimbiss. Die Kinder erhalten Frühstück, Mittagessen und Abendbrot auf Plastikgeschirr. Das Foto zeigt ein Mittagessen, das typisch für die Versorgung der Kinder im Dorf ist. Es besteht aus einer Portion Reis - immer noch das günstigste und reichhaltigste Lebensmittel. Dazu gibt es einen Bohneneintopf, eine kleine Tortilla aus Eiern und Spinat und gesüßten Tee. Ab und zu gibt es auch Fleisch.

Die Kinder sind hungrig und essen ihren Teller leer. Sie lassen keinen Krümel übrig und freuen sich, wenn es einen kleinen Nachschlag gibt. Die beiden Köchinnen Yosefina und Yola geben ihr Bestes, um mit den wenigen Mitteln ein leckeres Essen auf den Tisch zu bringen. Trotzdem schmeckt nach einer Weile wegen der eingeschränkten Vielfalt alles sehr ähnlich. Umso mehr lerne ich wieder einen Thunfischsalat zu schätzen, den ich mir ab und an im Voluntario-Haus selbst zubereite.

Eine Schale mit Eintopf.
Bild: ©Privat

Eine Schale mit Eintopf.

An die denken, denen es nicht so gut geht

Auch der Freitagabend, an dem man in der kleinen Stadt Cañete auf den Markt zum Einkaufen geht, bedeutet für mich inzwischen eine Abwechslung. Dann esse ich in einem Restaurant ein halbes Hähnchen. Früher ein Grundnahrungsmittel, ist dieses Hähnchen für mich mittlerweile zu einem lukullischen Hochgenuss geworden, denn ich mir alle 14 Tage gönne. Ich genieße diesen Augenblick, muss aber gleichzeitig an die Kinder im Dorf denken, die so ein halbes Hähnchen wahrscheinlich in ihrem Leben noch nicht gegessen haben. Vielleicht schaffe ich es ja, über einen Spendenaufruf Geld zu sammeln, um ihnen - vielleicht zu Weihnachten - auch einmal ein solches Festmahl zu verschaffen.

Ich hoffe, mein Freund aus Deutschland versteht meine Gedanken über seinen Sylter Zwischenimbiss nicht falsch. Ich weiß nicht, wie er sich bei diesem Essen auf Sylt gefühlt hat und möchte diesen schönen Moment, den er dort mit seiner Familie und seinen Freunde teilte auch nicht bewerten. Trotzdem hat mich das Bild nachdenklich gemacht. Sollten wir nicht in unseren persönlichen Glücksmomenten öfter einmal innehalten und an die denken - und ihnen helfen - denen es nicht so gut geht?

Von Walter Brüggemann

Die Hilfsorganisation

Die Hilfsorganisation Nuestros Pequeños Hermanos (Unsere kleinen Brüder und Schwestern) wurde 1954 in Mexiko vom US-amerikanischen katholischen Priester William Wasson gegründet. Das Kinderhilfswerk unterhält Waisenhäuser in mehreren Staaten Lateinamerikas und der Karibik und wird unter anderem vom katholischen Kindermissionswerk "Die Sternsinger" unterstützt.