Das Nachsynodale Schreiben: Nicht einmal eine hoffnungsvolle Fußnote
Adriano Ciocca Vasino war voller Hoffnung. Er habe in seinen Gemeinden theologisch ausgebildete Frauen, die "wissen, dass ich sie weihen werde, wenn diese Synode mit der Erlaubnis des Papstes die Möglichkeit des Diakonats für Frauen eröffnet", sagte der Bischof und Prälat der brasilianischen Territorialprälatur Sao Felix während der Amazonas-Synode im Vatikan. Rund vier Monate später wurde diese Hoffnung mit der Veröffentlichung des Nachsynodalen Schreibens des Papstes jedoch enttäuscht.
Dass Franziskus tatsächlich eine für die Weltkirche so zentrale Frage wie die der Weihe von Frauen im Anschluss an eine Regionalsynode beantworten würde, war allerdings auch nicht zu erwarten. Zwar hatten einige Synodale zumindest die Beratung über den Diakonat gefordert. Im Ende Oktober veröffentlichtem Abschlussdokument der Synode wurde die Zulassung seitens der Teilnehmer allerdings nicht explizit unterstützt. Das passte zu den Signalen, die Franziskus bereits zuvor gesendet hatte. So wurden etwa die Ergebnisse einer von ihm eingesetzten Kommission zum Diakonat der Frau bis heute nicht veröffentlicht. Die Experten seien zu keiner gemeinsamen Schlussfolgerung gekommen, hieß es dazu vom Papst.
Der Papst und die geschlechtsspezifischen Grenzen der Frau
Franziskus hätte es bei dieser Feststellung belassen können. Doch stattdessen widmet er dem weiblichen Geschlecht in seinem Schreiben "Querida Amazonia" ("Geliebtes Amazonien") unter dem Titel "Die Kraft und die Gabe der Frauen" ein eigenes Unterkapitel. Das Ergebnis: Der Pontifex zeichnet die geschlechtsspezifischen Grenzen für Frauen in dieser Kirche noch einmal deutlich nach, statt sie aufzuweichen. So würdigt er zwar ihre "bewundernswerte Hingabe" und den "leidenschaftlichen Glauben", reduziert ihre Fähigkeiten letztlich jedoch darauf, "die Kraft und Zärtlichkeit der Mutter Maria" weiterzugeben (Nr. 101). Den Wunsch vieler Frauen nach Gleichberechtigung und einer Teilhabe am Weiheamt tut er dagegen als Reduktionismus auf "funktionale Strukturen", eine Begrenzung der Perspektiven und letztlich als "Klerikalisierung der Frauen" ab (Nr. 100). Da ist es nur ein schwacher Trost, dass er ihnen einen nicht näher definierten "kirchlichen Dienst" in Aussicht stellt.
Doch es war auch nicht die "Frauenfrage", auf deren Beantwortung Kirchenvertreter wie Gläubige mit Spannung gewartet haben, sondern die nach der möglichen Weihe von bewährten, verheirateten Männern, der "viri probati". Hier hätte Franziskus mehr Spielraum gehabt. Denn für die Lockerung des Zölibats braucht es – anders als bei der Frauenweihe – keine Veränderung der kirchlichen Lehre. Die sexuelle Enthaltsamkeit sei zwar dem Priestertum angemessen, aber "nicht vom Wesen des Priestertums selbst gefordert", heißt es dazu im Dekret "Presbyterorum ordinis" (1965). Doch die verheirateten Männer waren Franziskus – anders als bei den wiederverheirateten Geschiedenen im Schreiben "Amoris laetitia" nach der Familiensynode – noch nicht einmal eine interpretierbare Fußnote wert. Und das, obwohl sich die Synodenväter mit deutlicher Mehrheit (128 Ja-Stimmen zu 41 Nein-Stimmen) für sie ausgesprochen hatten.
Umso bemerkenswerter ist diese Tatsache dann, wenn man sich den Rest von Kapitel vier des päpstlichen Schreibens unter dem Titel "Eine kirchliche Vision" anschaut. Franziskus betont die herausragende Bedeutung der Eucharistie für das Leben der Gläubigen einerseits und erinnert andererseits an die Klage vieler Amazonasgemeinden, die "über lange Zeit die sonntägliche Eucharistiefeier entbehren müssen". Wie also mit diesem Gegensatz umgehen? Der Papst spricht zwar von einem kirchlichen Dienst, der "einer größeren Häufigkeit der Eucharistiefeier dient" (Nr. 86). Wie dieser Dienst allerdings aussehen könnte, führt er nicht aus.
Seltsam mut- und ideenlos
Generell bleibt Franziskus in seinem Schreiben mit Blick auf die pastoralen Herausforderungen im Allgemeinen, aber auch bei Lösungsansätzen für den Priestermangel im Speziellen seltsam mut- und ideenlos. Als hätten ihn die zahlreichen Wortmeldungen der vergangenen Wochen aus konservativen Kreisen zermürbt. Bischöfe sollten ihre Missionare doch häufiger ins Amazonasgebiet schicken statt nach Europa oder in die Vereinigten Staaten (Nr. 90), heißt es deshalb als Vorschlag vom Papst. Gleichzeitig relativiert er die vorher von ihm selbst herausgearbeitete Bedeutung der Eucharistie, wenn er schreibt: "Wir müssen die Begegnung mit dem Wort und das Wachstum in der Heiligkeit durch verschiedene Laiendienste fördern." (Nr. 93) Eine größere Präsenz der geweihten Amtsträger sei dagegen "ein sehr begrenztes Ziel".
Einen Vorschlag, den Priestermangel zu bekämpfen und damit die Eucharistie für die Gläubigen wieder zugänglich zu machen, hat der Papst dann aber doch noch: das Gebet um Berufungen (Nr. 90). Beten wir dafür, dass das Beten reicht.