Basler Bischof will an Schweizer Leitungsmodell festhalten

Gmür: Instruktion "theologisch defizitär und klerikalistisch verengt"

Veröffentlicht am 30.07.2020 um 11:58 Uhr – Lesedauer: 

Basel ‐ Bisher waren aus der Schweiz kaum Reaktionen auf die Vatikan-Instruktion zu Pfarrgemeinden zu hören. Jetzt meldet sich der Präsident der Schweizer Bischofskonferenz zu Wort – mit deutlicher Kritik am Dokument der Kleruskongregation.

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Der Basler Bischof Felix Gmür hat die Vatikan-Instruktion zu Pfarreien kritisiert und das Schweizer Leitungsmodell verteidigt. "Dass die Pfarrei so sehr auf den Pfarrer zentriert gesehen wird, entspricht nicht unserer Wirklichkeit", das sei vielmehr "theologisch defizitär und klerikalistisch verengt", schrieb Gmür in einem Brief am Mittwoch an die Mitarbeiter seines Bistums. Das Internetportal "pfarrblatt" der katholischen Kirche im Kanton Bern berichtete am Donnerstag über den Brief  

Mit Verweis auf das Pastoralschreiben "Beauftragte Laien im kirchlichen Dienst" der Schweizer Bischofskonferenz aus dem Jahr 2005 schrieb Gmür, "dass unsere Leitungsmodelle sowie Berufs- und Amtsbezeichnungen weiterhin gelten. 

Gemeindeleiter und Pastoralraumleiterinnen werde es im Bistum Basel weiterhin geben, so der Bischof. Er sprach sich auch für das "duale System" aus, das in der Schweiz einzigartig seiFür die öffentlich-rechtliche Anerkennung verlangt der Staat dort, dass Kirchengemeinden demokratisch organisiert sind. Daher gibt es neben den sakramentalen Organisationseinheiten wie Pfarrei und Pastoralraum auch staatskirchenrechtliche Einheiten wie Kirchgemeinde und Kirchgemeindeverband. Auf solche Umstände könne die Instruktion ihrer Natur gemäß nicht eingehen. "Für uns", so Gmür, seien "diözesane Normen sowie staatliche und staatskirchenrechtliche Vorgaben wichtig".  

Die Vatikan-Instruktion lasse im Bereich des Rechts keine Innovation erkennen. Vielmehr bleibe "der schale Eindruck, es gehe letztlich eben doch um die Vorrangstellung des Klerus". Eine theologische Debatte über Stellung und Auftrag des Priesters sei notwendig. Dazu gehöre auch "die Klärung des kirchlichen Dienstamtes für Frauen und Männer" unter den "lebensweltlichen Bedingungen unserer Zeit", so Gmür.

Felix Gmür (54) ist seit 2010 Bischof von Basel und ersetzte dort den heutigen Kurienkardinal Kurt Koch. Gmür ist auch Präsident der Schweizer Bischofskonferenz. 

Kaum Reaktionen aus der Schweiz

Schweizer Bischöfe hatten sich bisher nicht zur Vatikan-Instruktion geäußert. Zuvor hatte bereits der frühere Generalvikar des Bistums Chur und derzeitige Delegierte des Apostolischen Administrators für die Bistumsregion Zürich/Glarus, Josef Annen, auf das Dokument reagiert. Er bedankte sich in einem offenen Brief in der vergangenen Woche direkt bei den Pfarreibeauftragten, ohne die eine ortsnahe Pastoral in den Pfarreien nicht möglich sei. In rund einem Drittel aller Pfarreien im Generalvikariat Zürich-Glarus teilten sich Priester das Leitungsamt mit erfahrenen Pastoralassistenten. "Ohne Euer engagiertes Wirken wäre eine ortsnahe Pastoral nicht zu gewährleisten. Denn nicht alle Priester haben die Gabe zu leiten und zu führen, sind aber sehr wohl gute Seelsorger und verstehen es, der Eucharistie vorzustehen", so Annen in dem Schreiben.

Am Montag der vergangenen Woche hatte die vatikanische Kleruskongregation die Instruktion "Die pastorale Umkehr der Pfarrgemeinde im Dienst an der missionarischen Sendung der Kirche" veröffentlicht. Sie besagt unter anderem, dass Laien von der Gemeindeleitung ausgeschlossen sind. Auch Teams aus Geweihten und Nicht-Geweihten sind demnach nicht zulässig. Stattdessen wird die Leitungsrolle des Pfarrers betont. Die große Mehrheit der deutschen Bischöfe übte Kritik an dem Papier und bezeichnete es unter anderem als realitätsfern und rückwärtsgewandt. Der Osnabrücker Bischof Franz Josef Bode etwa sieht in dem Papier eine "Umkehr zur Klerikalisierung". Einige Oberhirten kündigten an, trotz der Instruktion an ihren Plänen zu Pfarreireformen festzuhalten. 

Andere Bischöfe hingegen begrüßten das Dokument wegen seiner missionarischen Stoßrichtung, beispielsweise der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki, der Augsburger Bischof Bertram Meier und der Eichstätter Oberhirte Gregor Maria Hanke. Auch der emeritierte Kurienkardinal Walter Kasper erklärte, dass er dem Dokument Positives abgewinnen könne. 

Nach der Kritik hatte der Leiter der Kleruskongregation, Kardinal Beniamino Stella, ein klärendes Gespräch für die deutschen Bischöfe in Rom angeboten. Die Kongregation werde die Bischöfe gern empfangen, um deren Zweifel und Verblüffung zu beseitigen, so Stella. (cbr)