Umfrage unter Haupt- und Ehrenamtlichen im Bistum

Mainz: Mitarbeiter kritisieren Rolle der Kirche im ersten Lockdown

Veröffentlicht am 17.12.2020 um 12:02 Uhr – Lesedauer: 

Mainz ‐ Wie hat sich die Kirche während des ersten Corona-Lockdowns präsentiert? Das hat das Bistum Mainz haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter gefragt. Die Ergebnisse sind teilweise kritisch ausgefallen – und zeigen Lernpotenzial für die aktuelle Situation.

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Laut einer Umfrage bewertet die Mehrheit der befragten Mitarbeiter im Bistum Mainz die Rolle der Kirche in der Öffentlichkeit während des ersten Corona-Lockdowns eher kritisch. 57 Prozent waren demnach der Meinung, "dass die Kirche mit ihrem Personal und ihren Angeboten nicht ausreichend in Erscheinung getreten wäre oder ein negatives Bild abgegeben hätte". Das geht aus den ersten Ergebnissen einer Umfrage im Bistum Mainz hervor, die am Dienstag der Bistumsleitung vorgestellt wurden.

Demnach wurden zwischen Mitte August und Ende September insgesamt 1.851 haupt- und ehrenamtlich Verantwortliche in den verschiedenen Arbeitsgebieten des Bistums Mainz und weitere Interessierte über ihre Erfahrungen im kirchlichen Raum während des ersten Corona-Lockdowns im Frühjahr befragt. Insgesamt seien 800 digitale Antwortbögen eingetroffen, teilte das Bistum am Mittwoch mit.

Nur 21 Prozent stellten der Kirche demnach ein positives Zeugnis bei der Frage nach ihrer Rolle in der Öffentlichkeit während des ersten Lockdowns aus. "Kreativ, hilfreich, verlassen, unzumutbar" formulierte nach Angaben des Bistums ein Diakon die Spannbreite der Wahrnehmung. Ein Pfarrgemeinderat habe formuliert: "Plötzlich war man ohne Gläubige in den Kirchenbänken 'arbeitslos'. Traurig. Raus aus der Komfortzone!"

Streamen von Eucharistiefeiern eher als Notbehelf empfunden

Rund 1.550 neue Projekte seien in den Gemeinden als Antwort auf das Versammlungsverbot auch für Gottesdienste in der Osterzeit entstanden. "Im Mittelpunkt der Gemeindearbeit standen dabei oft die Gottesdienste in den Kirchen und weitere spirituelle Anregungen, zum Beispiel für Hausgottesdienste", heißt es in einer Mitteilung des Bistums. Zahlreiche Gemeinden seien dazu übergegangen, ihre Sonntagsgottesdienste im Internet zu streamen. "Allerdings lassen die Antworten erkennen, dass das Streamen von Eucharistiefeiern eher als Notbehelf empfunden wurde, der die persönliche Präsenz und Erfahrung von Gemeinschaft auf Dauer nicht ersetzen könne." Im Falle einer Weiterführung solcher Angebote zeichne sich ab, dass qualitativ höherwertige mediale Formate mit interaktiven Elementen entwickelt werden müssten.

Weitgehend positiv sei der Digitalisierungsschub in der Kommunikation und in den Arbeitsabläufen bewertet worden. 51 Prozent der Mitarbeiter habe das Medium der Videokonferenz zur Absprache verwendet. Allerdings fehle es in Gemeinden und kirchlichen Einrichtungen vielfach an technischer Ausstattung und Medienkompetenz. Dies sei ebenfalls ein Hindernis, um mit bestimmten Altersgruppen oder anderen Zielgruppen in Kontakt zu bleiben.

In Auftrag gegeben wurde die Umfrage von Bischof Peter Kohlgraf und dem Leiter des Seelsorgedezernats, Hans Jürgen Dörr. In den Antworten seien viele Themen angesprochen worden, die ihn auch selbst immer wieder beschäftigten, sagte Kohlgraf. Dadurch stellten sich Fragen: "Was ist 'die Kirche' für die Menschen, was wird von ihr erwartet, was überhaupt wahrgenommen?", so der Bischof. Weihbischof und Generalvikar Udo Markus Bentz hoffe, dass sich die Lernerfahrungen aus dem ersten Lockdown positiv auf den zweiten Lockdown auswirken würden, teilte das Bistum mit. In den kommenden Wochen solle die Online-Umfrage sowie 26 parallel erfolgte vertiefte Interviews ausgewertet werden. (cbr)