Jesu Heimatbesuch: Keine Erfolgsgeschichte
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Impuls von Schwester Jakoba Zöll
In den letzten Wochen haben wir in den Evangelien vom Wirken Jesu gehört, letzten Sonntag noch von der Heilung der blutflüssigen Frau und von der Auferweckung der Tochter des Jairus. Das klingt doch nach Erfolgsgeschichte, oder? Durchs Land wandern, gemeinsam mit den Jüngerinnen und Jüngern Weggemeinschaft pflegen, Reich Gottes verkünden, heilen, Menschen für Gott begeistern.
Unsere heutige Perikope scheint sich wunderbar einzupassen in diese Reihe von Wunder- und Erfolgsgeschichten in Mk 1-6. Sie beginnt genauso wie die erste Erzählung in Kafarnaum in Mk 1,21: "Sie kamen nach Kafarnaum [...]. [Er] ging [...] in die Synagoge und lehrte." Heute wird im Evangelium erzählt, dass Jesus in seine Heimatstadt kommt und dort auch in die Synagoge geht und lehrt. Eine bekannte Vorgehensweise für uns Lesende, kennen wir ja schon aus Kafarnaum, hat da wunderbar funktioniert.
Aber jetzt, in seiner Heimatstadt, wird nach dem Ankommen und Lehren in der Synagoge alles anders. Die Leute wundern sich und kommen ins Nachdenken, allerdings nicht über die Glaubensinhalte, die Jesus verkündet, sondern über seine Herkunft. Sie sehen in ihm einzig den Sohn des Zimmermanns und der Maria, der von nebenan, mit den vielen Geschwistern, die noch immer im Dorf leben. Woher sollte der schon so viel Weisheit besitzen, dass er ihnen etwas sagen könnte zum Glauben und zum Leben?
Im Gegensatz zu Kafarnaum wundern sie sich nicht über die großartige, kraftvolle Botschaft Jesu vom Reich Gottes und über die Wunder, die er unter ihnen tut, sondern hängen in den Verwandtschaftsbeziehungen fest. Sehen nichts in ihm, trauen ihm nichts zu, sind nicht offen für Gott, seine Botschaft und den Glauben an Jesus. In der Heimatstadt Jesu wundert sich am Ende Jesus selbst, nämlich über ihren Unglauben. Darüber, dass sie nichts mitkriegen von ihm und seiner Botschaft.
Der Evangelist präsentiert uns hier eine Gegenerzählung zu all den Wunder- und Erfolgsgeschichten aus den Kapiteln davor. Jesu Dasein allein reicht nicht aus, ist nicht automatisch eine Erfolgsgeschichte, es braucht das offene Ohr und offene Herz, den Glauben der Menschen, die ihm begegnen, um die Botschaft vom Reich Gottes heilsame Wirklichkeit werden zu lassen. Und genau das scheint da besonders schwierig zu sein, wo man Jesus vermeintlich gut kennt. Das Evangelium nennt drei dieser Kreise: Die Menschen des Heimatortes, die (entfernten) Verwandten und das eigene Haus.
Wenn wir heute fragen, wer von sich behauptet, Jesus gut zu kennen oder mit ihm vertraut zu sein, landen wir sehr schnell in anderen Kreisen: in den Kirchen, den Gemeinden und schließlich bei uns. Wie sieht es mit uns aus? Trauen wir Jesus und seiner Botschaft noch etwas zu? Öffnen wir noch Ohren und Herzen, um das Reich Gottes für uns und unsere Mitmenschen Wirklichkeit werden zu lassen? Oder sehen wir vor lauter vermeintlicher Vertrautheit und Verwandtschaft gar nicht mehr so tief?
Aus dem Evangelium nach Markus (Mk 6,1b–6)
In jener Zeit kam Jesus in seine Heimatstadt; seine Jünger folgten ihm nach. Am Sabbat lehrte er in der Synagoge.
Und die vielen Menschen, die ihm zuhörten, gerieten außer sich vor Staunen und sagten: Woher hat er das alles? Was ist das für eine Weisheit, die ihm gegeben ist! Und was sind das für Machttaten, die durch ihn geschehen!
Ist das nicht der Zimmermann, der Sohn der Maria und der Bruder von Jakobus, Joses, Judas und Simon? Leben nicht seine Schwestern hier unter uns? Und sie nahmen Anstoß an ihm.
Da sagte Jesus zu ihnen: Nirgends ist ein Prophet ohne Ansehen außer in seiner Heimat, bei seinen Verwandten und in seiner Familie. Und er konnte dort keine Machttat tun; nur einigen Kranken legte er die Hände auf und heilte sie.
Und er wunderte sich über ihren Unglauben. Jesus zog durch die benachbarten Dörfer und lehrte.
Die Autorin
Schwester Jakoba Zöll ist Novizin der Olper Franziskanerinnen. Sie hat an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms Universität Bonn Theologie studiert und wird nach dem Kanonischen Jahr dort ihre Promotion in Mittlerer und Neuerer Kirchengeschichte beginnen.
