Standpunkt

Beratung in der Kirche – eine synodale Kompetenz

Veröffentlicht am 19.08.2021 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Beratung spielt in allen Bereichen des Lebens eine Rolle – auch in der Kirche. Über die Organisation von Beratung in der Kirche sollte vor der im Herbst beginnenden Bischofssynode aber nachgedacht werden, schreibt Michael Böhnke – und hat Vorschläge.

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Wir leben in einer zunehmend komplexen Gesellschaft. Es gibt kaum noch einen Bereich des Lebens, der ohne Beratung auskommt. Im Privaten fängt das mit der Verbraucherberatung an und geht mit der Berufs-, Anlage- und Rentenberatung weiter. Auch Ehe-, Familien- und Erziehungsberatung sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Im öffentlichen Leben spielen Politik- und Regierungsberatung eine zunehmend wichtige Rolle. Auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene werden Unsummen dafür ausgegeben. Von Unternehmens- und Wirtschaftsberatung ganz zu schweigen.

Im Zusammenhang mit der Aufarbeitung sexualisierter Gewalt soll Kardinal Woelki hohe Beträge für Rechts- und Medienberatung gezahlt haben. Seine Medienberater sind mit dem Mandat jüngst in einem Fachmagazin an die Öffentlichkeit getreten. Das ist ungewöhnlich. Zum Beratungsgeschäft gehört in der Regel Diskretion. Von dieser Diskretion leben die Unternehmen, die professionelle Beratungsdienstleistungen anbieten.

Es dürfte in Deutschland keinen Bischof oder Generalvikar geben, der nicht schon einmal diskret eine kommerziell durch Experten angebotene Beratung in Anspruch genommen hat, sei es Organisations-, Rechts- oder Anlageberatung. Ohne Rat zu handeln, das wäre fahrlässig.

Vom Recht her sind Synoden in der katholischen Kirche als Beratungsorgane konzipiert. Daran wird auch die kommende Bischofssynode nichts ändern. "Eine Synode ist kein Parlament", so Papst Franziskus. Sie nimmt keine Regierungsaufgabe wahr. Alles andere wäre eine "Täuschung".

Wie allerdings Beratung und Beratungsdienstleistungen in der Kirche organisiert werden müssten, darüber sollte die im Herbst beginnende Synode nachdenken. Einige Punkte, die im synodalen Prozess zu klären wären, fallen mir spontan ein. Erstens: Wie sichern wir Transparenz darüber, wer in der Kirche wen wann und wie berät? Die Synode könnte beispielsweise ein Transparenzregister einführen. Zweitens: Wie lässt sich verhindern, dass bischöfliches Handeln zunehmend von säkularen Beratungsagenturen gesteuert wird und nicht von dem, was der Geist den Gemeinden sagt? Und drittens: Wie kommen wir synodal zu einem ausgewogenen Verhältnis zwischen der Beratung durch Experten und durch "Laien"?

Mit einem Satz: Der wichtige Sektor der Beratung kirchenamtlichen Handelns muss synodal neu organisiert, er muss transparent gestaltet und optimiert werden.

Von Michael Böhnke

Der Autor

Michael Böhnke ist Professor für systematische Theologie an der Bergischen Universität Wuppertal. Außerdem ist er Ethik-Beauftragter des Deutschen Leichtathletikverbands.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.