Worum es in den Synodalforen geht – Forum "Priesterliche Existenz heute"

Was das Priester-Forum für die Ausbildung Geistlicher vorschlägt

Veröffentlicht am 02.02.2022 um 12:00 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Prävention, Persönlichkeitsbildung, Professionalisierung: Diese drei "Schlagworte" und die damit verbundenen Vorschläge aus den Handlungstexten des Priester-Forums sollen sexuellen Missbrauch durch Kleriker künftig verhindern. Im Fokus ist dabei auch die Ausbildung angehender Priester.

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Wie kann sexueller Missbrauch in der Kirche verhindert werden? Lösungen für diese Frage zu finden, hat sich der Synodale Weg auf die Fahnen geschrieben – insbesondere das Synodalforum II, das sich mit dem Thema "Priesterliche Existenz heute" beschäftigt. Diesen Anspruch hat das Forum selbst auch in der Präambel seines Grundtextes formuliert. In zwei seiner Handlungstexte, die bei der anstehenden Synodalversammlung diskutiert werden sollen, schlägt das Priester-Forum konkrete Maßnahmen vor, die die Gefahr sexualisierter Gewalt durch Kleriker in Zukunft minimieren beziehungsweise ausschließen soll. Die Schlagworte, die sich aus den beiden Dokumenten ergeben, bilden sogar eine griffige Alliteration: Prävention, Persönlichkeitsbildung und Professionalisierung. Dabei wird auch dezidiert die Ausbildung künftiger Priester in den Blick genommen. Bei den Kandidaten soll von Beginn an eine Sensibilität für das Thema geschaffen werden. Zudem sollen professionelle Bedingungen in der Ausbildung sichergestellt werden.

Prävention ist zwar bereits jetzt ein integraler Bestandteil der Priesterausbildung. Gerade in diesem Bereich hat sich in den vergangenen Jahren einiges getan. Das Priester-Forum bringt im Handlungstext zum Thema "Prävention und Umgang mit Tätern" nun einheitliche Standards ins Spiel. So soll die Prävention sexualisierter Gewalt bereits Thema des Aufnahmegespräches zwischen Ausbildungsleitung und Interessent sein. Es soll einen Verhaltenskodex geben, der verbindliche Verhaltensregeln für ein "fachlich-angemessenes Nähe-Distanz-Verhältnis gegenüber Minderjährigen und anderen erwachsenen Schutzpersonen" enthält und der vom Seminaristen zu unterschreiben ist.

Präventionskonzept in den Seminaren

Jedes Priesterseminar – beziehungsweise die Diözesen, die in der Priesterausbildung kooperieren – soll darüber hinaus ein Ausbildungskonzept hinsichtlich der Präventionsarbeit erstellen. Sie soll durch Fortbildungen in allen Ausbildungsphasen geschehen. Die entsprechenden Einheiten sollen gemeinsam mit den diözesanen Präventionsbeauftragten und den Verantwortlichen für die pastoralpsychologische Ausbildung erstellt werden.

Gleichzeitig sollen von Beginn der Ausbildung an Strukturen, die (Macht-)Missbrauch im Priesterseminar begünstigen können, thematisiert werden. Jedes Priesterseminar soll über ein Präventionskonzept verfügen, das mit den Seminaristen besprochen wird. So soll eine Sensibilität für einen grenzachtenden Umgang auch zwischen den Seminaristen geschaffen werden. Daneben sollen auch transparente Verfahrenswege und bekannte Ansprechpartner benannt werden, um grenzverletzendem Verhalten wirksam zu begegnen.

Priesterseminaristen bei der Morgenandacht
Bild: ©Harald Oppitz/KNA (Symbolbild)

Die Handlungstexte des Priester-Forums nehmen auch die Priesterausbildung in den Blick – besonders bei den Themen Prävention und Persönlichkeitsbildung.

Sollte es im Rahmen der Ausbildung zu wiederholtem grenzüberschreitendem Verhalten kommen und es trotz Interventionsversuchen zu keiner Änderung des Verhaltens kommen, müsse eine Übernahme in den kirchlichen Dienst ausgeschlossen werden. Alle genannten Maßnahmen sollen "potentielle Täter abschrecken, weiterhin den kirchlichen Dienst anzustreben", formuliert das Forum.

Doch Präventionsarbeit allein ist nicht alles. Im Handlungstext "Persönlichkeitsbildung und Professionalisierung" gehen die Mitglieder des Priesterforums noch einmal dezidiert auf die MHG-Studie ein, die Risikofaktoren für den sexuellen Missbrauch durch Priester herausgearbeitet hat. So geschehe dieser oft "in engem Zusammenhang mit einer unreifen und gestörten Persönlichkeit der Täter". Der Persönlichkeitsbildung kommt daher eine große Bedeutung zu – denn "für den pastoralen Dienst reichen die notwendige und vertiefte theologische Ausbildung und dauerhafte Fortbildungen nicht aus." Für diesen Dienst sei eine gereifte und gefestigte Persönlichkeit sowie Persönlichkeitsbildung "unerlässlich".

Ziel: integrierte, ganzheitliche und reife Persönlichkeiten

Auch hier hat das Priester-Forum die Priesterausbildung im Blick: Diese habe zum Ziel, Kandidaten zu integrierten, ganzheitlichen und reifen Persönlichkeiten auszubilden. So sei während des Studiums eine "längerfristige Tätigkeit in einem pastoralen Praxisfeld" und der Erwerb von Wissen im Bereich der Pastoralpsychologie entscheidend. Erforderlich seien auch professionelle Ausbilder: Diese sollen nach festgelegten Qualitätskriterien ausgewählt und ausgebildet werden. Zudem müsse die psychologische Begleitung in die Ausbildung integriert werden, heißt es. Dies soll durch einen externen Psychotherapeuten gewährleistet werden. Das Priesterseminar soll eine geeignete Auswahl zur Verfügung stellen, gleichzeitig müsse dem Priesteramtskandidaten eine freiwillige Wahl garantiert werden.

Außerdem betont das Priester-Forum im Hinblick auf die Persönlichkeitsbildung die Klärung der sexuellen Identität und Orientierung der Kandidaten. Denn die psychosexuelle Entwicklung des Kandidaten sei integraler Bestandteil der Priesterausbildung. "Es darf keine Tabuisierungen geben, da sie verdeckte Dynamiken im Kandidaten entstehen lassen können." Eng verknüpft sei die Persönlichkeitsbildung auch mit Wachstum der Beziehungsfähigkeit. "Diese ist sowohl Teil der affektiven Reife als auch der pastoralen Befähigung."

Handlungstexte des Forums "Priesterliche Existenz heute"

Den Handlungstext "Persönlichkeitsbildung und Professionalisierung" finden Sie hier.

Den Handlungstext "Prävention und Umgang mit Tätern" finden Sie hier.

Grundsätzlich betont das Priester-Forum, dass der sexuelle Missbrauch Mängel in der Professionalität von Priestern aufgedeckt habe. Doch mehr Professionalität seien auch bei Personaleinsatz, Personalentwicklung und Qualitätsmanagement nötig. Dabei gelte es ebenso, die Bedingungen der Ausbildung von Priestern in den Blick zu nehmen. Ausdrücklich knüpft das Priesterforum dabei an die Qualitätskriterien an, die vor rund zwei Jahren vom Ständigen Rat der Deutschen Bischofkonferenz erarbeitet wurden. Neben dem innerkirchlich stark diskutierten Vorhaben, die Ausbildungsstandorte zu konzentrieren, hielten die Bischöfe unter anderem fest, dass es ratsam sei, an einem Ausbildungsort alle pastoralen Berufe auszubilden, dass es gut ausgebildete Dozenten für die Zusatzausbildung brauche sowie eine hinreichende Anzahl von Pfarreien, um Praxiserfahrung zu ermöglichen.

Diese Kriterien unterstützt das Priester-Forum – und legt dem Ständigen Rat gleichzeitig einige Ergänzungen ans Herz: So soll die Ausbildung gemäß bundesweit einheitlich Qualitätskriterien und Zielen durchgeführt werden. Dabei wird wird eine bischöflich beauftragte Person auf Ebene der Bischofskonferenz empfohlen, deren Aufgabe darin besteht, die Seminare in der Umsetzung und Einhaltung der Qualitätskriterien zu beraten und sie zu überprüfen. Auch die Aufnahme beziehungsweise der Ausschluss soll mit dem Kandidaten nach bundesweit einheitlichen und transparenten Kriterien kommuniziert werden. Dazu gehören: verbindliche Protokolle der Semestergesprächen des Regens mit dem Seminaristen und Einsicht in die eigene Ausbildungsakte.

Kultur der Zusammenarbeit von Anfang an fördern

Die Ausbildung aller pastoralen Dienste soll laut Handlungstext unter dem Vorzeichen der späteren gemeinsamen Arbeit im Team geschehen. "Um eine Kultur der Zusammenarbeit von Anfang an zu fördern und einzuüben, bedarf es nicht nur eines gemeinsamen berufsübergreifenden Pastoralkurses, sondern zusätzlich zu den je eigenen Ausbildungselementen einer Zusammenarbeit der Auszubildenden aller pastoralen Berufe bereits während der ersten Ausbildungsjahre", heißt es.

Einen gemeinsamen Schritt in diese Richtung haben 14 nord- und ostdeutsche Bistümer im vergangenen Sommer bereits gemacht: Die verantwortlichen Bischöfe entschlossen sich zur Kooperation in einem gemeinsamen Pastoralkurs, dem letzten Ausbildungsabschnitt. Ziel ist es, die Ausbildung der angehenden Priester und pastoralen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Bistümern enger zu verzahnen, da alle drei Berufsgruppen anschließend in Pfarreien zusammenarbeiten sollen. Der Vorsitzende Deutschen Regentenkonferenz, der Fuldaer Regens Dirk Gärtner, betonte anlässlich der Entscheidung, dass damit "starke Persönlichkeiten gefördert" würden. Darum geht es auch dem Forum "Priesterliche Existenz heute". Denn eine starke und reife Priesterpersönlichkeit ist eine Grundvoraussetzung für eine gute und fruchtbringende pastorale Arbeit.

Von Matthias Altmann