Stadt distanziert sich auch von Ehrenbürgerwürde für früheren Oberhirten

Beschlossen: Bischof-Janssen-Straße in Kevelaer wird umbenannt

Veröffentlicht am 23.02.2022 um 13:35 Uhr – Lesedauer: 

Kevelaer ‐ Er soll Missbrauch in seinem Bistum wissentlich geduldet haben und ist der erste deutsche Bischof, dem selbst sexualisierte Gewalt angelastet wird: Anlass genug für Kevelaer, seine Bischof-Janssen-Straße umzubenennen. Es ist nicht die erste Stadt.

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Die Bischof-Janssen-Straße in Kevelaer wird umbenannt. Der Stadtrat habe sich einstimmig für eine neue Namensgebung ausgesprochen und distanziere sich zudem von der Ehrenbürgerwürde für den früheren Hildesheimer Bischof, erklärte die Stadt am Mittwoch. Die Straße heißt demnach künftig Kastanieneck. Auch die Städte Hildesheim und Duderstadt benennen ihre Bischof-Janssen-Straßen um.

Der bisherige Namensgeber der Straße, Heinrich Maria Janssen (1907-1988), war von 1957 bis 1982 Bischof von Hildesheim. Als Pfarrer war er zunächst in Kevelaer tätig. Ein Aufarbeitungsgutachten wirft ihm vor, während seiner Amtszeit sexuellen Missbrauch in seiner Kirche wissentlich geduldet zu haben. Offen ist die Frage, ob er sich selbst an Kindern vergangen hat. Es könne nicht festgestellt werden, "ob Bischof Janssen sexuellen Missbrauch oder sexuelle Grenzüberschreitungen gegenüber Minderjährigen begangen hat", heißt es in dem Bericht. "Es ergeben sich allerdings verschiedene Facetten eines problematischen Umgangs mit sexualisierter Gewalt und Sexualität."

Erster deutscher Bischof, dem Missbrauch angelastet wird

Janssen ist der erste deutsche Bischof, dem sexueller Missbrauch von Minderjährigen angelastet wird. Die Vorwürfe stammen aus zwei Quellen. Zum einen berichtete ein früherer Bewohner eines kirchlichen Kinderheims, dass ihn Janssen Ende der 1950er-Jahre aufgefordert habe, sich nackt vor ihm auszuziehen. Anschließend habe er ihn mit den Worten weggeschickt, er könne ihn nicht gebrauchen. Zum anderen erklärte ein ehemaliger Ministrant gegenüber dem Bistum, Janssen habe ihn zwischen 1958 und 1963 sexuell missbraucht. Dieser Vorwurf war bereits Thema in einem 2017 veröffentlichten Gutachten. Die Autoren konnten ihn damals ebenfalls weder beweisen noch entkräften.

Auch in anderen Städten wurde nach Bekanntwerden von Vorwürfen gegen kirchliche Würdenträger im Zusammenhang mit Missbrauch über die Umbenennung von Straßen und Plätzen diskutiert. Der Stadtrat im nordrhein-westfälischen Korschenbroich hatte im Juli die Umbenennung der Pfarrer-Johannes-Wolf-Straße beschlossen. Der Kardinal-Meisner-Platz im thüringischen Hundeshagen und der Bischof-Stein-Platz in Trier wurden dagegen vorerst nicht umbenannt. Auch im Zusammenhang mit dem Münchner Missbrauchsgutachten wird über Umbenennungen diskutiert. (tmg/KNA)