Standpunkt

Ländergrenzen halten den Veränderungsbedarf der Kirche nicht zurück

Veröffentlicht am 20.06.2022 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Die Voten zur Weltsynode aus Irland als Beispiel: Anderswo scheinen Katholiken gar nicht so anders zu ticken als in Deutschland, kommentiert Claudia Nothelle. Auch dort wünsche man sich eine Kirche, die das Evangelium wieder erkennbar werden lässt.

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Diese Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: 96 Prozent der Befragten wünschen sich die Ordination von Frauen. 85 Prozent haben Sorge, dass LGBTQ-Personen von der Kirche ausgegrenzt werden. Und 70 Prozent möchten, dass Laiinnen und Laien mehr bei Entscheidungen beteiligt werden.

Diese Zahlen sind nicht das Ergebnis einer Umfrage unter Mitgliedern des Synodalen Wegs, nicht von "Wir sind Kirche" oder unter denjenigen erhoben, die nach ihren Gründen zum Kirchenaustritt gefragt worden sind. Sie kommen aus Irland und sind nach einem Bericht der „Irish Times“ vom vergangenen Freitag Grundlage für das Dokument, das die irische Bischofskonferenz in Vorbereitung der Weltsynode im August nach Rom schickt. Wiederverheiratete Geschiedene, Alleinerziehende und verheiratete Priester, auch diese Themen sparen die irischen Katholiken nicht aus.

Ähnliche Töne aus der Schweiz: Dort ist im Vorfeld der Weltsynode laut und deutlich die Forderung nach der vollständigen Gleichberechtigung von Frauen zu hören und ein Ruf nach dem Ende des Klerikalismus.

Die Forderungen sind wohl vertraut – stehen sie doch auch auf der Agenda des Synodalen Wegs, auf dem die deutschen Katholikinnen und Katholiken seit Ende 2019 unterwegs sind und dem von Kritikern immer wieder vorgeworfen wird, ein deutscher Sonderweg zu sein. Klar: Der Synodale Weg ist in Deutschland als konkrete Reaktion auf die MHG Studie entstanden, die Weltsynode hat deutlich weitreichender die Zukunft der Kirche vor Augen. Aber geht das eine ohne das andere? Müssen nicht die konkreten Punkte angegangen werden, gerade um der Zukunft der Kirche willen?

Die ersten Voten der Katholikinnen und Katholiken der Nachbarländer machen sehr deutlich, dass wir in Deutschland gar nicht so anders ticken. Weder Ländergrenzen noch nationale Bischofskonferenzen halten die Nöte, Fragen und den dringenden Veränderungsbedarf zurück, um den Kern der frohen Botschaft wieder erkennbar werden zu lassen. Im August sollen die Beiträge aus den einzelnen Bischofskonferenzen im Vatikan ankommen. Auch in Sachen Reformen sind wir als Weltkirche gemeinsam unterwegs.

Von Claudia Nothelle

Die Autorin

Claudia Nothelle lehrt Fernsehjournalismus an der Hochschule Magdeburg-Stendal, ist Aufsichtsratsvorsitzende der katholischen Journalistenschule ifp und Vizepräsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK).

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.