Eigentlich war Veröffentlichung im Herbst vorgesehen

Missbrauchsstudie für das Bistum Mainz verzögert sich

Veröffentlicht am 20.09.2022 um 11:34 Uhr – Lesedauer: 

Mainz/Regensburg ‐ Erst am Montag war bekannt geworden, dass sich das Missbrauchsgutachten für das Erzbistum Freiburg verzögern wird. Jetzt wurde auch die Veröffentlichung der Studie für die Diözese Mainz neu terminiert. Das sind die Gründe.

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Die Aufarbeitung von Missbrauch und sexueller Gewalt im Bistum Mainz dauert länger als ursprünglich geplant. Der Regensburger Rechtsanwalt Ulrich Weber kündigte am Dienstag an, er werde seinen umfangreichen Abschlussbericht Anfang März nächsten Jahres vorlegen. Bislang war eine Veröffentlichung bereits im Herbst dieses Jahres geplant. Seit der Vorlage eines Zwischenberichts vor knapp zwei Jahren habe es zahlreiche weitere Hinweise auf Missbrauchsfälle auch von Betroffenen gegeben.

Aktuell würden noch immer Gespräche geführt. Ursache für die Verzögerung sei nicht nur die Corona-Pandemie, die persönliche Treffen sehr erschwert habe. Auch Ergebnisse einer Fragebogenaktion unter allen Gemeinden und Einrichtungen hätten eine Rolle gespielt. Eigentlich sollte die Umfrage den Abschluss der Studie bilden. "Es stellte sich jedoch heraus, dass die Ergebnisse weitere Kontakte notwendig machten", teilte Weber in einer Presseerklärung mit.

Vertuschung bis in Amtszeit Lehmanns

Das Bistum Mainz hatte Weber 2019 mit einer unabhängigen Aufarbeitung des Missbrauchsskandals beauftragt. In seinem Zwischenbericht von 2020 war der Anwalt zu dem Ergebnis gekommen, dass Verantwortliche des Bistums bis in die Amtszeit von Kardinal Karl Lehmann (1983-2016) hinein zahlreiche Missbrauchsfälle vertuscht hatten. Nach dem intensiven Studium teils geheimer Akten und über 100 Gesprächen mit Betroffenen und deren Angehörigen hatte Weber die Zahl der Opfer von Missbrauch und sexuellen Grenzverletzungen im Bistum Mainz zwischen 1945 und 2019 mit mindestens 422 angegeben und die Zahl der Beschuldigten auf mindestens 273 beziffert.

Kirchliche Stellen hätten beschuldigten Mitarbeitern oft ein grenzenloses Vertrauen entgegengebracht, Täter seien selbst bei gravierenden Verfehlungen kirchenintern oft nur milde sanktioniert und Opfer unter Druck gesetzt worden, damit sie über ihre Erlebnisse schwiegen. Parallel zu der externen Untersuchung durch Weber und sein Team versucht das Bistum, den Missbrauchsskandal auch durch eine Kommission unter dem Vorsitz der ehemaligen Mainzer CDU-Bundestagsabgeordneten Ursula Groden-Kranich aufzuarbeiten.

Erst am Montag war bekannt geworden, dass sich auch die Veröffentlichung des Missbrauchsgutachtens für das Erzbistum Freiburg verzögert. Am Dienstag wurde ein Zwischenbericht zu Missbrauch im Bistum Osnabrück seit 1945 vorgestellt. (tmg/epd)