Bei der Beichte seien Missbrauchstaten vorbereitet worden

Psychiater Dreßing: Kinderbeichte ist kein geeignetes Format

Veröffentlicht am 13.04.2023 um 11:11 Uhr – Lesedauer: 

Berlin ‐ Viele Kinder beichten vor ihrer Erstkommunion am Weißen Sonntag. Doch die Beichte war auch der Ort von vielen Missbrauchstaten, erinnert der Psychiater Harald Dreßing. Er stellt infrage, ob Kinder unter 14 überhaupt beichten sollten.

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Der Psychiater Harald Dreßing hält die Kinderbeichte aus entwicklungspsychologischer Sicht für kein geeignetes Format. Kinder könnten im Alter der Erstkommunion – also etwa mit neun Jahren – die Themen Schuld und Sünde noch gar nicht erfassen, sagte er der Nachrichtenagentur dpa am Donnerstag. Deshalb werde die Beichte entweder zum inhaltslosen Ritual oder schüre Ängste. Es stelle sich die grundsätzliche Frage, ob Kinder unter 14 Jahren überhaupt beichten sollten.

Dreßing hatte die 2018 veröffentlichte MHG-Studie zum Missbrauch in der katholischen Kirche in Deutschland geleitet. Er erinnerte daran, dass auch die Beichte genutzt wurde, um Missbrauchstaten zu planen und vorzubereiten. "Kinder wurden ausgefragt und als potenzielle Opfer ausgespäht." Dazu beigetragen habe insbesondere die Machtdifferenz zwischen Beichtvater und Pönitenten. "Das ist eine hochgradig ängstigende Situation."

Traditionell wird die Erstkommunion am Weißen Sonntag, also dem Sonntag nach dem Ostersonntag, gefeiert. Dabei empfangen Kinder zum ersten Mal das Sakrament der Eucharistie. In Deutschland sind sie zu diesem Zeitpunkt meist in der dritten Klasse. Zur Vorbereitung auf die Erstkommunion gehört auch, zu beichten. (cph)