Warum Gemeindereferentin Theresia Zettler gerne im Pfarrhaus wohnt

Pfarrhaushälterin: Der Pfarrer und ich sind ein gutes Team

Veröffentlicht am 02.06.2023 um 00:01 Uhr – Von Madeleine Spendier – Lesedauer: 

Bonn ‐ Theresia Zettler begleitet seit rund 20 Jahren einen Pfarrer als Haushälterin. Sie kocht, wäscht, bügelt, putzt und sorgt für eine freundliche Atmosphäre im Pfarrhaus. Warum sich die ausgebildete Gemeindereferentin dazu berufen fühlt, erzählt sie im Interview mit katholisch.de.

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Schon als Kind ist ein Pfarrer etwas Besonders für Theresia Zettler. Ein Job im Pfarrhaus, das war ihr Wunsch. Als die ausgebildete Gemeindereferentin später einmal gefragt wird, ob sie es sich vorstellen könnte, in einem Pfarrhaus zu wohnen, sagt sie zu. Warum die 53-Jährige heute mit Leib und Seele "Pfarrhaushälterin" ist und mit wem sie ihre Rente verbringen möchte, erzählt sie im Interview mit katholisch.de.

Frage: Frau Zettler, wie würden Sie jemandem Ihren Beruf genau erklären?

Zettler: Ich bin die Haushälterin eines katholischen Pfarrers. In der katholischen Kirche ist es so, dass ein Priester nicht verheiratet ist, also keine Beziehung hat und zölibatär lebt. Als Seelsorger ist er viel beschäftigt und kümmert sich um die Menschen in der Kirchengemeinde. Ich halte ihm dafür den Rücken frei, indem ich die alltäglichen Dinge im Haushalt für ihn erledige. Ich koche, bügle die Wäsche, bringe den Müll raus, gehe einkaufen und putze. Ich bin mit Leib und Seele Pfarrhausfrau von Pfarrer Thomas Rauch, er ist Stadtpfarrer von Kempten St. Lorenz im Bistum Augsburg. Ich finde es einen wichtigen und wertvollen Dienst. Mir macht das einfach viel Freude und ich spüre, dass das meine Berufung ist.

Frage: Wohnen Sie auch im Pfarrhaus oder gehen Sie abends, wenn alle Haushaltsaufgaben erledigt sind, nach Hause?

Zettler: Ich wohne mit im Pfarrhaus. Mir ist wichtig, dass das Pfarrhaus ein freundlicher und schöner Ort ist, mit einer offenen und wohlwollenden Atmosphäre. Ich erlebe, dass die Leute in der Kirchengemeinde es sehr schätzen, dass ich da bin, dass sie die Erfahrung machen, dass sie im Pfarrhaus willkommen sind. Die Leute spüren, dass der Pfarrer und ich ein gutes Team sind. Davon profitiert auch die Gemeinde: Ich bin für viele, die sich am Telefon melden oder mal kurz vorbeischauen, die erste Ansprechperson, wenn sie etwas vom Pfarrer brauchen. Egal, ob es um eine Taufe, einen Trauerfall oder eine Hochzeit geht. Dass ich dann da bin und zuhöre, sehe ich als meinen Dienst für die Kirche an. Ich verstehe mich auch als Vermittlerin zwischen den verschiedenen Gruppen in der Kirchengemeinde. Ich gebe dem Pfarrer schon mal Ideen weiter oder wenn ich jemanden treffe, der sich vielleicht ehrenamtlich einbringen will, dann bespreche ich das mit dem Pfarrer. Meist tauschen wir uns darüber beim Essen aus.

Frage: Beten Sie auch gemeinsam mit dem Pfarrer?

Zettler: Ja, wir beten vor dem Mittagessen. Manchmal beten wir auch in der Früh oder am Abend das Stundengebet miteinander und nehmen die Anliegen der Menschen aus der Kirchengemeinde in unser Gebet mit hinein. Den Pfarrer und mich verbindet unser gemeinsamer Glaube an einen wohlwollenden Gott. Wir glauben daran, dass Gott uns Menschen begleitet und führt.

Bild: ©Theresia Zettler

Die ausgebildete Gemeindereferentin Theresia Zettler ist Pfarrhausfrau und in der Cityseelsorge von Kempten St. Lorenz tätig. Sie ist auch vielgefragte Referentin und Coach.

Frage: Wie kam es dazu, dass Sie Pfarrhausfrau wurden? Sie sind doch eigentlich ausgebildete Gemeindereferentin

Zettler: Schon als Kind habe ich Kirche als Heimat erlebt, als etwas Positives. Ich habe Gott sei Dank in der Kirche nur gute Erfahrungen gemacht. Den Pfarrer habe ich immer als eine wichtige Persönlichkeit wahrgenommen. In einem Pfarrhaus zu arbeiten, das war schon immer ein Wunsch von mir. Zuerst habe ich Metzgereiverkäuferin gelernt, weil es da eine Lehrstelle gab. Als ich von dem Beruf der Gemeindereferentin gehört habe, war mir klar, das ist mein Beruf, denn ich wollte in der Kirchengemeinde und als Religionslehrerin arbeiten. Mein damaliger Chef in Memmingen war Pfarrer Peter Manz. Der hat mich  gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, Pfarrhausfrau bei Pfarrer Thomas Rauch zu werden. Zuerst habe ich überlegt, ob das wirklich etwas für mich ist. Ich habe mich gefragt: Kann ich das tatsächlich, einen Pfarrer gut versorgen und ein Pfarrhaus betreuen? Ich hatte in meinem bisherigen Leben mit Kochen und Hauswirtschaft wenig Erfahrung. Gleichzeitig vertraute ich Gott, dass es seine Führung und meine Berufung sein könnte. So habe ich es ausprobiert und dann bald festgestellt, dass der Pfarrer und ich ein gutes Team sind. Meine Schwester, die Köchin ist, hat mir dann auch extra das Kochen für meine neue Stelle beigebracht. 

Frage: Wie lange sind Sie nun schon Pfarrhausfrau? 

Zettler: Ich bin mit Pfarrer Rauch 22 Jahre gemeinsam auf dem Weg. Wir verstehen uns. Daher funktioniert auch das Zusammenleben im Pfarrhaus sehr gut. Die Aufgaben, die in einem Pfarrhaus anfallen, machen mir wirklich viel Freude. Ich arbeite zur Hälfte im Pfarrhaushalt und zur Hälfte als Referentin bei der Cityseelsorge in Kempten. Seelsorgerin bin ich weiterhin. Ich halte viele Vorträge und gestalte Einkehrtage, bin Trainerin für Gewaltfreie Kommunikation und Begleiterin für Vergebungs- und Biografiearbeit. Ich habe auch zwei Fürbittbücher geschrieben. Als psychologische Beraterin mache ich Einzel- und Teambegleitung und biete Mediation an. Ich möchte Menschen auf ihrem Lebensweg begleiten und bei wichtigen Um-und Aufbrüchen unterstützen. Ich möchte dazu beitragen, dass Menschen im Frieden miteinander leben. Wenn sie mir erzählen, was schwierig ist in ihrem Leben, ist es mir wichtig, empathisch zuzuhören und aufmerksam zu sein und zu fragen: Was ist im Hier und Jetzt lebendig an Glaubenssätzen und Erfahrung, an Sehnsucht und dem Wunsch nach Veränderung da? Auch das empfinde ich als meine Berufung, als große Freiheit und als Fügung Gottes.

Frage: Passt es für Sie auch, auf eine eigene Familie zu verzichten, indem sie mit einem Pfarrer im Pfarrhaus zusammenwohnen?

Zettler: Ich lebe wie der Pfarrer zölibatär. Das ist für mich eine große Klarheit, daher passt diese Lebensform für mich. Ich bin nicht allein und habe gleichzeitig eine große Freiheit, mein Leben selbst zu gestalten. Eine eigene Familie fehlt mir nicht. Ich habe mit meinen fünf Geschwistern, 14 Nichten und Neffen und vier Großnichten eine Großfamilie um mich herum, die ich oft besuche. Es passt so für mich. Ich habe mich dazu entschieden und das macht mich glücklich.

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Video: © Diözese Rottenburg-Stuttgart

Heidi Mäser ist Pfarrhaushälterin in Stuttgart. Für sie ist diese Aufgabe "Beruf" und "Berufung".

Frage: Ich kann mir gut vorstellen, dass es für manche Pfarrhausfrau eine Herausforderung ist, so eng mit einem Priester unter einem Dach zusammen zu leben...

Zettler: Das kann durchaus sein, dass es für manche anstrengend ist, weil es auch sehr nahe ist. Vielleicht ist es für manche sogar eine Belastung. Ich denke, es hilft sehr, wenn man für sich eine große Klarheit hat. Ich denke, wenn es bei jemanden gar nicht passt, dann ist es nicht der richtige Beruf. Da sollte man dann eine Entscheidung treffen und um Klarheit bitten. Ich denke, wenn man eine Klarheit im Leben hat, dann strahlt man das auch nach außen aus. Die Leute merken das, die sehen, ob ich so, wie ich lebe, auch glücklich bin. 

Frage: Ist Ihr Chef auch gleichzeitig Ihr geistlicher Begleiter oder Beichtvater?

Zettler: Nein, zur Beichte gehe ich nicht zum Pfarrer. Ich habe einen eigenen Supervisor von außerhalb, zu dem ich immer wieder zu Gesprächen gehe. Das finde ich sehr hilfreich.

Frage: Wollen Sie auch in der Rente mit dem Pfarrer zusammenwohnen?

Zettler: Ja, das haben wir geplant. Wir wollen auch den Ruhestand miteinander verbringen. Das ist bei vielen Pfarrhausfrauen so üblich, dass sie den Pfarrer nach dem Eintritt in das Rentenalter weiterhin versorgen und gegebenenfalls auch pflegen. Wir sind schon so lange eine Weggemeinschaft, wir wollen auch im Alter füreinander sorgen. In den Urlaub aber fährt jeder weiterhin mit seinen Freunden oder mit seiner Familie. Das finde ich auch wichtig. Ich habe jetzt auch mit dem Golfspielen angefangen. Das ist eines der Hobbies des Pfarrers. Früher habe ich das immer belächelt, heute gefällt es mir selber richtig gut. Gerne machen wir das auch zusammen mit Freunden oder mit den beiden Brüdern des Pfarrers. Ich finde auch den Humor sehr wichtig. Bei uns im Pfarrhaus wird viel gelacht. Ich sehe es als meine Berufung an Glauben und Leben zu verbinden und so auf frohe Weise Gottes die frohe Botschaft zu verkünden.

Von Madeleine Spendier