Kreuze in Dienstgebäuden in Bayern müssen nicht abgehängt werden

Bundesverwaltungsgericht: Söders Kreuzerlass ist rechtmäßig

Veröffentlicht am 19.12.2023 um 14:39 Uhr – Lesedauer: 

Leipzig/München ‐ Die Kreuze im Eingangsbereich von staatlichen Behörden in Bayern dürfen hängenbleiben. Das Bundesverwaltungsgericht sah dadurch keine Rechte von Nicht-Christen verletzt. Auch mit dem Neutralitätsgebot ist es vereinbar.

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Der umstrittene Kreuzerlass von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) ist nicht rechtswidrig. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschied am Dienstag, dass der Freistaat Bayern die im Eingangsbereich seiner Dienstgebäude angebrachten Kreuze nicht entfernen muss. Die Richter wiesen die Revisionen des Bundes für Geistesfreiheit in Bayern und in München zurück. Diese hielten die Vorschrift von 2018 für rechtswidrig, weil sie die Weltanschauungsfreiheit ihrer Mitglieder und die staatliche Neutralitätspflicht verletzt sahen.

Zur Begründung führte das Gericht an, es handele sich um eine bloße Verwaltungsvorschrift ohne rechtliche Außenwirkung. Die angebrachten Kreuze stellten zwar für den objektiven Betrachter ein zentrales Symbol des christlichen Glaubens dar, beschränken aber die Kläger nicht in ihren im Grundgesetz verankerten Freiheiten.

Weiter führten die Richter aus: Der Grundsatz religiös-weltanschaulicher Neutralität verlange vom Staat keinen vollständigen Verzicht auf religiöse Bezüge im Sinne einer strengen Laizität, sondern verpflichte ihn zur Offenheit gegenüber der Vielfalt weltanschaulich-religiöser Überzeugungen und verbiete ihm die Identifikation mit einem bestimmten Glauben. Dem stehe das Anbringen der Kreuze im Eingangsbereich von Behörden nicht im Weg, zumal der Freistaat in der Verordnung erkläre, dass das Kreuz Ausdruck der geschichtlichen und kulturellen Prägung Bayerns sei, nicht aber eine Identifizierung mit christlichen Glaubenssätzen.

Gössl: Kreuz ist Zeichen christlicher Kultur

Die Vorschrift lautet: "Im Eingangsbereich eines jeden Dienstgebäudes ist als Ausdruck der geschichtlichen und kulturellen Prägung Bayerns gut sichtbar ein Kreuz anzubringen." Das grundrechtliche Diskriminierungsverbot wegen des Glaubens in Verbindung mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der weltanschaulich-religiösen Neutralität des Staates werde damit nicht verletzt, so das Bundesverwaltungsgericht.

Der Bund für Geistesfreiheit hatte nach der mündlichen Verhandlung am vergangenen Donnerstag erneut bekräftigt, er werde den Klageweg notfalls bis zum Bundesverfassungsgericht weiterverfolgen. Die von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) wenige Monate vor der Landtagswahl 2018 medienwirksam präsentierte Regel wurde auch in Kirchenkreisen kontrovers diskutiert. Inzwischen ist die öffentliche Debatte verstummt.

Bambergs ernannter Erzbischof Herwig Gössl begrüßte die Gerichtsentscheidung am Dienstag: "Das Kreuz ist ein Zeichen unserer christlichen Kultur und steht für Frieden, Freiheit und Versöhnung. Ich freue mich daher, wenn durch das Zeichen des Kreuzes – in der Natur, in Wohnstuben oder auch in Amtsgebäuden – auf die christlichen Werte hingewiesen und an die Verantwortung vor Gott erinnert wird." Wichtiger als das Anbringen von Kreuzen sei allerdings, dass in staatlichen Behörden ebenso wie im privaten und öffentlichen Raum nach den christlichen Werten gehandelt und entschieden werde. Noch bevor das Urteil in Leipzig erging, war Kardinal Marx am Dienstag im Münchner Presseclub zur Thematik gefragt worden. Darauf erklärte er, er wolle jeden Zweifel entkräften, nicht für Kreuze zu sein. "Das gehört zu unserer Geschichte dazu." Die Frage sei das Wie und nicht das Ob. Dabei verwies er auf Gipfelkreuze, auf Kreuze am Wegrand oder in Schulen, all dies habe Tradition: "Das Kreuz bringt man in Bayern nicht zum Verschwinden. Die Sorge habe ich noch nicht." (cbr/KNA)

19.12.23, 17.30 Uhr: Ergänzt um Statements von Kardinal Marx und dem ernannten Erzbischof Gössl