Auch Laien und Ordensleute geben Demonstranten Rückhalt

Mehrere Bischöfe unterstützen Demos gegen Rechtsextremismus

Veröffentlicht am 26.01.2024 um 16:38 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ In den vergangenen Wochen haben Demonstrationen gegen Rechtsextremismus in vielen Städten Deutschlands Menschen auf die Straße gebracht. Mehrere Bischöfe unterstützen nun die Versammlungen und rufen zur Teilnahme auf.

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Der Aachener Bischof Helmut Dieser hat sich solidarisch mit den landesweiten Demonstrationen gegen Rechtsextremismus und für Demokratie erklärt. Er begrüße diese als "starke politische Willensbekundung" und schließe sich ihr an, erklärte der Bischof am Freitag. Zugleich betonte Dieser, "dass Demonstrationen auf der Straße nicht genügen, um Politik zu gestalten und in die richtige Richtung zu lenken". Entscheidend sei die politische Willensbekundung in freien Wahlen.

Umgekehrt müssten alle in Bundestag und Landesparlamenten vertretenen Parteien sich in einen "kritisch-konstruktiven politischen Diskurs mit den von den radikalen Parteien vertretenen Politikabsichten begeben". Dabei gelte es, "Schwächen, Anstößigkeiten und Abgründe in freier Debatte entlarven". Es müsse erkennbar sein, dass um die besseren Lösungen von Probleme und Herausforderungen gerungen werde. "Bloße Verbote oder wechselseitige Herabwürdigungen genügen nicht", mahnte Dieser.

Als Bischof spreche er sich "scharf gegen jede Form von Rassismus, Antisemitismus, Gewaltverherrlichung, Abbau unserer freiheitlich-rechtsstaatlichen Kultur und Infragestellung der politischen Einigung Europas aus". Die Kirche insgesamt unterstütze eine Politik, die Schwache schützt und solidarisch sei mit Menschen, "die aus Not und Elend heraus ein besseres Leben in Frieden und Sicherheit führen wollen und unsere freiheitliche Demokratie bejahen".

Der Bischof von Aachen, Helmut Dieser
Bild: ©Bistum Aachen / Carl Brunn

Helmut Dieser ist Bischof von Aachen.

Auch in Niedersachsen sprachen sich Bischöfe und weitere Kirchenvertreter für die Demonstrationen aus und gaben an, an den Versammlungen an diesem Samstag teilnehmen zu wollen. Der Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer begründete seine Teilnahme an einer Demo damit, dass ein Eintreten jedes Bürgers für das demokratische Gemeinwesen wichtig sei. "Unsere Demokratie lebt, weil sich ganz viele Menschen in Deutschland für sie einsetzen", erklärte er am Freitag.

An der Demonstration in Osnabrück werden nach Auskunft der Diözese Domkapitular Ulrich Beckwermert und die Leiterin der Seelsorgeabteilung Martina Kreidler-Kos teilnehmen. Auch Vertreter des Caritasverbandes und des evangelischen Kirchenkreises Osnabrück rufen dazu auf und nehmen selbst an der Kundgebung im Schlossgarten teil.

Für den niedersächsischen Teil des Bistums Münster nimmt Weihbischof Wilfried Theising in Oldenburg an einer Gedenkstunde für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma teil und wird dort auch sprechen. Bereits am Donnerstag würdigte Theising das Eintreten zahlreicher Menschen bei den landesweiten Demonstrationen für Demokratie, Menschenwürde und Rechtsstaatlichkeit.

Bischof Heiner Wilmer
Bild: ©Andrea Krogmann/KNA

Heiner Wilmer ist Bischof von Hildesheim.

Der Magdeburger Bischof Gerhard Feige bat hingegen um göttlichen Beistand im Kampf gegen Populismus und rechtes Gedankengut. "Sag uns, Gott, wie kann es sein, dass völkisches Denken nun wieder von den Stammtischen in unsere Parlamente zieht", fragte Feige am Freitag bei einer Gedenkveranstaltung am KZ-Mahnmal "Magda" in Magdeburg. "Gib uns Fantasie für den Frieden." Anlass war der Gedenktages für die Opfer des Nationalsozialismus.

Feige ging in seiner Ansprache im Beisein von Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU), Vertretern der Landesregierung, der jüdischen Gemeinde und des evangelischen Regionalbischofs Johann Schneider auch auf die über 2.000 jüdischen Zwangsarbeiter ein, die im Magdeburger Stadtteil Rothensee von 1944 bis 1945 vom NS-Regime ausgebeutet wurden. "Wo warst du, Gott, als das damals geschah?", so Feige.

Das Mahnmal erinnert an ein Außenlager des Konzentrationslagers Buchenwald mit dem Decknamen "Magda". Vom 1944 bis Februar 1945 arbeiteten dort überwiegend ungarische Juden. Die Häftlinge wurden für Bau und Transportarbeiten in den Magdeburger Treibstoffwerken der Brabag eingesetzt, hauptsächlich für den Bau von Luftschutzbunkern. Bis zur Auflösung des KZ "Magda" im Februar 1945 kamen den Angaben zufolge mindestens 556 Häftlinge ums Leben.

Bischof Gerhard Feige in der Kathedrale St. Sebastian in Magdeburg
Bild: ©KNA/Dominik Wolf

Gerhard Feige ist Bischof von Magdeburg.

Unterdessen bekundeten das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) und die Deutsche Ordensobernkonferenz (DOK) ihre Unterstützung für die zahlreichen Demonstrationen gegen Rechtsextremismus. Wie das Zentralkomitee am Freitag mitteilte, schaut es "mit Sorge auf das Erstarken rechtspopulistischer, antidemokratischer und antisemitischer Überzeugungen und Bewegungen – auch in der Mitte von Kirche und Gesellschaft". Die DOK, die die Interessen von rund 14.300 Ordensfrauen und -männern in Deutschland vertritt, erklärte, "froh und dankbar" zu sein, dass derzeit viele Menschen für Demokratie und Vielfalt und gegen Rechtsextremismus auf die Straßen gingen, darunter auch Ordensleute.

In einem aktuellen Beschluss des ZdK-Hauptausschusses heißt es, der diesjährige Deutsche Katholikentag in Erfurt werde das demokratische Engagement aufnehmen und weiterführen. Die Großveranstaltung sei "ein Ort der Bestärkung der Demokratie, des Pluralismus und des Respekts". Darüber hinaus will das Komitee für die im Juni anstehende Europawahl zur Wahl aufrufen. "Aus Demonstrationen müssen Stimmen für demokratische Parteien werden - in Europa, in Deutschland, in Bundesländern und Kommunen", heißt es dazu. Ferner begrüßte der Ausschuss die Erklärung von sechs Bischöfen ostdeutscher Bistümer, die jüngst vor einer Wahl der AfD gewarnt hatten.

Die Ordensobernkonferenz erklärte, von den sogenannten "Remigrations"-Plänen entsetzt gewesen zu sein. Von Fremdenfeindlichkeit und Rassismus seien auch Ordensmitglieder und -gemeinschaften in Deutschland betroffen. "Dass aus Fremden Geschwister werden, ist für uns alltäglicher Auftrag und ständige Erfahrung", teilte die DOK mit. Dieses Anliegen sei für die gesamte Gesellschaft von größter Bedeutung.

Das Zentralkomitee erinnerte zudem an den Gedenktag für die Opfer des Holocaust an diesem Samstag, 27. Januar. Dieses Gedenken sei in einer Zeit, in der der Hass gegen Juden nach dem Angriff der Hamas offen auftritt, von größter Bedeutung. Es ruft weiterhin dazu auf, sich zu engagieren, damit "das Versprechen 'Nie wieder' in unserer heutigen Welt eine echte Bedeutung erhält". (rom/KNA)