Franziskus überreicht heute Erzbischöfen das Pallium

In Gemeinschaft mit dem Papst

Veröffentlicht am 29.06.2015 um 00:01 Uhr – Von Sophia Michalzik – Lesedauer: 
In Gemeinschaft mit dem Papst
Bild: © KNA
Liturgie

Bonn ‐ Es war wieder so weit: Der Papst überreichte den neuen Metropoliten ihr Pallium, eine weiße Wollstola mit aufgestickten Kreuzen. Dass sie das Kleidungsstück ausgerechnet heute erhalten, ist kein Zufall.

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Wie es sich oft mit Traditionen verhält, ist auch die des Palliums eine althergebrachte und zudem besondere. Außerdem hat sie bereits mehrere Änderungen hinter sich. Aber der Reihe nach: Das Pallium als Amtsinsignie gab es wahrscheinlich schon in der römischen Antike, erklärt Benjamin Leven. Der Liturgiewissenschaftler arbeitet am Deutschen Liturgischen Institut in Trier in der Redaktion der Zeitschrift "Gottesdienst". Nach bisherigen Erkenntnissen wurde das Hoheitsabzeichen vom römischen Kaiser auch an den Papst verliehen. Der wiederum verlieh es an hervorragende Bischöfe weiter.

Heute erhalten das Pallium der Papst sowie die Erzbischöfe, die einer katholischen Kirchenprovinz, einer sogenannten Metropolie, vorstehen. Das ist nicht bei jedem Erzbischof der Fall: So ist Jean-Claude Hollerich zwar Erzbischof von Luxemburg, aber nicht Vorsteher einer Kirchenprovinz. Er trägt also kein Pallium. Bei den Erzbischöfen Woelki, Heße und Koch gestaltet sich das anders: Sie stehen jeweils einer Kirchenprovinz, also dem Zusammenschluss mehrerer Bistümer, vor. Für Woelki ist es bereits das zweite Pallium. Die Amtsinsignie ist an den Metropolitansitz gebunden und nicht an die Person - er braucht also ein neues Pallium.

Papst Franziskus streichelt ein Lamm.
Bild: ©KNA

Traditionell am 21. Januar, am Festtag der heiligen Agnes, werden die Lämmer gesegnet, aus deren Wolle die Pallien für die Metropoliten gefertigt werden.

Gefertigt werden die Pallien aus der Wolle zweier Lämmer, die vom Papst im Vorjahr am Tag der heiligen Agnes (21. Januar) gesegnet wurden. Wie in der säkularen Textilindustrie, stieg jedoch auch hier die Nachfrage – es gab mehr neu ernannte Metropoliten als die Lämmer Wolle produzieren konnten. Mittlerweile wird deshalb andere Wolle hinzugefügt. Gesponnen und gewoben wird die Lammwolle dann von Nonnen des Klosters Santa Cecilia in Trastevere, einem römischen Stadtteil.

Dass die Metropoliten ihr Pallium am 29. Juni erhalten ist – natürlich – kein Zufall. An diesem Tag feiert die Kirche das Patronatsfest Peter und Paul, also "das Fest des Papsttums", erläutert Leven. Immerhin gilt der heilige Petrus als der erste Pontifex der Kirchengeschichte. Mit der Wahl dieses speziellen Datums solle die besondere Gemeinschaft der Kirchenprovinzvorsteher mit dem Heiligen Vater betont werden, so der Liturgiewissenschaftler. Bedeutungsvoll ist jedoch nicht nur der Tag selbst, sondern auch die Nacht davor: Da werden die Pallien in der Confessio des Petersdoms, dem Grab des Heiligen Petrus unter dem Hauptaltar, aufbewahrt. Damit werden sie sogar zur Berührungsreliquie.

Beziehung der Erzbischöfe zu den Ortskirchen soll betont werden

Seit diesem Jahr gibt es jedoch eine Neuerung: Bislang legte der Papst den Metropoliten ihr Pallium um. Papst Franziskus hat jedoch Anfang des Jahres entschieden, dass die entsprechenden Erzbischöfe ihre Amtsinsignie in ihren Heimatbistümern durch den Nuntius als päpstlichen Gesandten erhalten sollen. Dieser feierliche Akt nennt sich im Übrigen "öffentliche und offizielle Investitur". Der päpstliche Zeremonienmeister Guido Marini erklärte gegenüber Radio Vatikan, dass man mit der Änderung die Beziehung der Erzbischöfe mit ihren Ortskirchen stärker betonen wolle. "Außerdem haben so mehr Gläubige und nicht zuletzt auch die Bischöfe der Suffraganbistümer Gelegenheit, an diesem für sie bedeutenden Ritus teilzunehmen", so Marini. Bei den Suffraganbistümern handelt es sich um jene Diözesen, die der Kirchenprovinz eines Erzbistums zugeordnet sind.

Gesegnet werden die Pallien aber nach wie vor am 29. Juni durch den Papst; die Erzbischöfe sind eingeladen bei der Messe zu konzelebrieren. Sie erhalten dort das Pallium "in privater Form" aus den Händen des Papstes.

Papst Benedikt besucht den Sarkophag des heiligen Colestin in Onna.
Bild: ©KNA

Sein erstes Pallium legte Papst Benedikt auf den Sarkophag des heiligen Colestin.

Einen Bruch mit der Tradition bedeutet dieser Schritt übrigens nicht. Im Zeremonienbuch der Bischöfe – dem Caeremoniale Episcoporum – von 1984 ist bereits festgehalten, dass der neue Metropolit das Pallium in seiner Diözese erhält – entweder durch den Hauptzelebranten bei der Bischofsweihe oder durch einen Beauftragten des Apostolischen Stuhls beim Amtsantritt in seiner Kathedrale. "Früher durfte man übrigens noch gar nicht sein Amt als Erzbischof ausüben solange man noch kein Pallium hatte", ergänzt Leven.

Dass die Pallien nun bei einer zentralen Feier im Petersdom überreicht werden, ist erst während des Pontifikats von Papst Johannes Paul II. entstanden. Nach Angaben von Leven wurde  das erstmals im Heiligen Jahr 2000 so praktiziert. Früher weihte der Papst die Pallien in Rom. Falls neue Metropoliten vor Ort waren, wurden diese an einem anderen Tag vom Kardinalprotodiakon mit dem Pallium investiert. Derselbe Kardinal nahm in Rom die Überreichung auch unter dem Jahr vor. Metropoliten außerhalb Roms erbaten nach ihrem Amtsantritt das Pallium. Die Insignie wurde daraufhin aus Rom gesandt und von einem anderen Bischof überreicht.

"Band der Liebe"

Heute sind die Pallien außerdem mit sechs Kreuzen bestickt. Das war nicht immer so: "Ihre Zahl steht in der Geschichte nicht fest", sagt Leven. Anfangs seien es wohl nur zwei  - eines vorne, eines hinten – gewesen. Auch die Bedeutung der Kreuze ist nicht eindeutig geklärt. Mittelalterliche Liturgieerklärungen sehen in den vier Kreuzen auf dem Ring, der den Hals umgibt, Symbole für die vier Kardinaltugenden Gerechtigkeit, Mäßigung, Tapferkeit und Weisheit. Papst Benedikt XVI. trug zwischenzeitlich ein Pallium, das mit fünf roten Kreuzen bestickt war. Das Internetmagazin Zenit sah darin die fünf Wundmale Christi  repräsentiert. Zuvor hatte Benedikt ein längeres Pallium getragen, wie es beispielsweise im Mittelalter üblich war. Dieses legte er jedoch – auch aus Gründen der Praktibiliät – wieder ab. Benedikt XVI. legte sein Pallium übrigens auf das Grab von Papst Coelestin V. (1215-1296), dem einzigen Papst vor ihm, der von seinem Amt als Pontifex zurückgetreten war.

Tragen werden die Metropoliten ihr Pallium über dem Messgewand, also beispielsweise zu Pontifikalämtern. "Trage es im Gebiet deiner Kirchenprovinz zum Zeichen deiner Stellung als Metropolit", sagt ihnen der Zelebrant bei der Übergabe der Insignie. Und mehr noch: "Auch sei es dir ein Zeichen der Einheit: Ausdruck der Gemeinschaft mit dem Apostolischen Stuhl, Band der Liebe im Bischofskollegium und Ansporn zur unerschrockenen Führung des Amtes." Denn nicht nur für bildgewaltige Traditionen hat die Kirche ein Händchen, sondern auch für gewichtige Worte.

Von Sophia Michalzik