Grütters: Weiter gegenseitige Grundloyalität zwischen Union und Kirche

Trotz der Entfremdungstendenzen der vergangenen Monate hegt die ehemalige Kulturstaatsministerin und langjährige Bundestagsabgeordnete Monika Grüters (CDU) keinen Zweifel an einer weiterhin existierenden "wechselseitigen Grundloyalität" zwischen den Unionsparteien und der katholischen Kirche. "Voneinander lernen – dafür sollten Politik und Kirche nach wie vor offen sein. Denn gerade in Fragen der Migration, der Familienpolitik, in der Bildung, bei Renten- und Sozialthemen, bei Klima- und Umweltthemen und im Umgang mit der Generationengerechtigkeit müssen sozialethische Aspekte bei politischen Vorhaben eine entscheidende Rolle spielen", schreibt Grütters in einem Gastbeitrag in der "Herder Korrespondenz" (Juli-Ausgabe). Und wenn diese nicht willkürlich wirken sollten, müssten sie sich begründen lassen – "aus einem christlichen Menschenbild zum Beispiel, das so häufig beschworen wird".
"Verhältnis zwischen Kirche und Politik nie spannungsfrei"
Zugleich weist Grütters in ihrem Beitrag auf den mitunter aufbrechenden Widerspruch zwischen notwendigen politischen Kompromissen und religiösen Überzeugungen hin. "Der Interessenausgleich, für den wir in der Politik streiten, verlangt eine große Flexibilität im Denken und Handeln – die Orientierung an ganz bestimmten ethischen Maßstäben, die Ausrichtung am christlichen Menschenbild beispielsweise, ist dagegen für gläubige Christen nicht verhandelbar." Dementsprechend sei auch das Verhältnis zwischen Kirche und Politik – konkret auch zwischen dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) und der CDU – nie spannungsfrei gewesen, so Grütters, die selbst seit vielen Jahren Mitglied im ZdK ist.
Deshalb sei es auch nicht verwunderlich, dass sich einige Abgeordnete von der kritischen Stellungnahme des Katholischen Büros in Berlin zur schärferen Gangart der CDU in der Migrationsfrage Anfang dieses Jahres distanziert hätten. "Es empörte zudem viele, wie hart, auch in der Diktion, die Präsidentin des ZdK in dieser Frage öffentlich die CDU-Fraktion kritisierte – und dann ist es auch wieder nicht überraschend, gleichwohl traurig, dass hochrangige CDU-Politiker trotzig posteten, es interessiere sich sowieso niemand dafür, was die Kirchen sagen", schreibt Grütters. Hier wäre laut der 63-Jährigen "etwas mehr Empathie der ZdK-Granden" für die Gewissensnöte der Abgeordneten angebracht gewesen. Die Bereitschaft zum Dialog und zum zivilisierten Streit solle bestehen bleiben.
Das C im Parteinamen als Versprechen und Herausforderung
Das C im Namen der CDU sei nicht nur ein Versprechen, eine Orientierung, sondern für viele auch eine Herausforderung. "Gerade deshalb ist der Kontakt so wichtig zwischen dem ZdK und den C-Parteien. Desinteresse und Ignoranz würden beiden Seiten schaden", betont Grütters. Als gläubige Katholikin sei sie der Überzeugung, dass Religion und Politik füreinander fruchtbar sein könnten. "Mir hat es in meinem Leben oft geholfen, im Glauben verwurzelt zu sein – persönlich, aber auch politisch, weil ich im christlichen Menschenbild und in meiner religiösen Sozialisation inneren Halt und Orientierung finde."
Anfang des Jahres war es zu einem offenen Disput zwischen den Unionsparteien und der katholischen Kirche über die Migrationspolitik gekommen. Das Katholische Büro in Berlin und das ZdK kritisierten damals deutlich die von der Union geplanten Verschärfungen in der Migrationspolitik. Dies wiederum führte zu Kritik aus der Union an der Kirche. Die ehemalige CDU-Bundesvorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer trat auf dem Höhepunkt der Auseinandersetzung mit Verweis auf die Haltung und die Aussagen von ZdK-Präsidentin Irme Stetter-Karp aus dem Laiengremium aus. (stz)