Standpunkt

Das Hauptaugenmerk in Gaza dem Leiden der Kinder – jenseits der Gräben

Veröffentlicht am 04.07.2025 um 00:01 Uhr – Von Dirk Bingener – Lesedauer: 

Aachen ‐ Selbst der bloße Hinweis auf das Leid der Menschen in Gaza wird inzwischen als politisches Statement gesehen. In dieser Diskussion geht das Mitleid für die Opfer verloren – viele davon sind Kinder, kommentiert Pfarrer Dirk Bingener.

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Vor wenigen Tagen hat der Zentralausschuss des Weltkirchenrats eine Erklärung zu Palästina und Israel abgegeben, die – besonders wegen der Verwendung des Begriffs "Apartheid" – auf scharfe Kritik gestoßen ist. Der Rat besorge "das Geschäft der Feinde Israels", lautete eine der Reaktionen. An der Debatte zeigte sich exemplarisch, in welch verfahrener Situation man sich inzwischen befindet, wenn über den Israel-Palästina-Konflikt allgemein und die dramatische Situation in Gaza im Besonderen gesprochen wird. Der öffentliche Diskurs ist mittlerweile derart politisiert, dass jede Äußerung als Parteinahme für die eine oder andere Seite aufgefasst wird. Selbst der bloße Hinweis auf das Leid der Menschen in Gaza steht nicht für sich, sondern gilt als Argument zur Legitimierung oder Delegitimierung einer der Konfliktparteien.

In einem Diskurs, der sich derart im politischen Lagerdenken verrannt hat, geht eines verloren: die Empathie und das Mitleid mit den Opfern – viele davon Kinder, die nichts für den seit Oktober 2023 eskalierenden Konflikt können und doch am schlimmsten darunter leiden. Sie werden verletzt, verstümmelt, getötet. Sie hungern, werden vertrieben, haben Todesangst, verlieren Eltern, Geschwister, Spielkameraden. Manche sind derart traumatisiert, dass sie sich den Tod wünschen, weil sie so nicht weiterleben wollen.

Wenn sich jetzt nichts ändert, werden nach Auskunft unserer kirchlichen Partner vor Ort in den kommenden Monaten in Gaza 500.000 Menschen sterben, davon mehr als 70.000 Kinder. Nicht durch Schüsse oder Bomben, sondern schlicht, weil sie verhungern. Dieses Leid gilt es zu sehen, davon gilt es sich berühren zu lassen, ohne von hier gleich wieder in politische Bewertungen zu springen.

Unser Augenmerk muss darauf liegen, alles zu tun, was die Situation der Kinder verbessert. Darauf ist die größte Energie zu verwenden. In dieser Situation zählt jeder Strohhalm, jedes Gebet, jede Spende, jede (Friedens)Initiative. Es ist eine Frage der Menschlichkeit – jenseits der eigenen politischen Überzeugungen.

Von Dirk Bingener

Der Autor

Pfarrer Dirk Bingener ist Präsident des Internationalen Katholischen Hilfswerkes missio Aachen und des Kindermissionswerkes "Die Sternsinger" in Aachen.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt ausschließlich die Meinung der Autorin bzw. des Autors wider.