Reihe: So bunt ist die Kirche in Deutschland

Polnischsprachige Mission: Vielfalt feiern, Glaube und Tradition leben

Veröffentlicht am 01.08.2025 um 00:01 Uhr – Von Mario Trifunovic – Lesedauer: 

Bremen/Bonn ‐ Mit Gottesdiensten, Bräuchen und engagierten Familien hält die katholische polnischsprachige Mission in Bremen Kultur, Tradition und Glaube lebendig – und bereichert zugleich das Miteinander in der Pfarrei und in der Stadt.

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Unmittelbar nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs begann in Bremen die polnischsprachige Seelsorge. An dem Ort, an dem sich heute die Polska Misja Katolicka w Bremie, die Polnisch-katholische Mission in Bremen befindet, gab es Arbeitslager. Dort befanden sich bereits Priester, die Messen auf Polnisch feierten. In den Jahren 1945 bis 1949 konzentrierte sich die polnische Seelsorge ausschließlich auf die Lager. Es sollte jedoch fast ein Jahrzehnt dauern, bis auch in Bockhorn, Bremerhaven, Oldenburg, Osnabrück und Wilhelmshaven regelmäßig Gottesdienste in polnischer Sprache gefeiert wurden. Ein weiterer wichtiger Meilenstein folgte 1977: Mit einem offiziellen Dekret des Osnabrücker Bischofs Helmut Hermann Wittler wurde Mission gegründet. 

Heute betet die Gemeinde an drei Orten in Bremen, wie auf ihrer Internetseite zu lesen ist: in St. Benedikt in Woltmershausen, St. Josef in Oslebshausen und St. Ursula in Schwachhausen. Für manche polnischen Katholikinnen und Katholiken bedeutet das einen weiten Weg: bis zu 50 Kilometer nehmen sie auf sich, um gemeinsam mit anderen den Gottesdienst in ihrer Muttersprache zu feiern. 

Eine von ihnen ist Eva Laskowski. Die 43-Jährige erzählt, wie eng ihr Leben mit der Gemeinde verwoben ist: Ihre Eltern kamen 1987 nach Bremen, sie selbst war damals vier Jahre alt. "Meine Eltern waren bereits in meiner Kindheit kirchlich engagiert – meine Mutter betete immer den Rosenkranz vor dem Gottesdienst vor, mein Vater teilte die Kommunion aus", erinnert sie sich. Heute ist auch ihre eigene Familie fest in der Gemeinde verwurzelt: Ihre Kinder sind Messdiener, sie selbst liest als Lektorin in der Messe und unterstützt gemeinsam mit ihrem Mann die sogenannte Samstagsschule.

Polnischunterricht und Katechese

Diese Samstagsschule ist weit mehr als nur Religionsunterricht. Sie ist laut der 43-Jährigen ein eigenständiger Verein, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, die polnische Sprache, Kultur und Tradition in Deutschland zu bewahren und weiterzugeben. Laskowski berichtet, dass sie schon als Kind an den Wochenenden dort Gesangs- und Religionsunterricht erhielt. Auch heute besuchen rund 160 Kinder die Schule, in der ehrenamtlich tätige Lehrerinnen und Lehrer nicht nur Polnisch und Religion, sondern auch traditionelle Lieder und Bräuche vermitteln. So werden schon die Jüngsten vom Kindergartenalter an in die Kultur und den Glauben ihrer Eltern eingeführt.  

Bild: ©Adobe Stock/dorotaam

Die kirchliche und politische Lage dort, ebenso wie die Entwicklungen innerhalb der Kirche in Polen, verfolge man mit großem Interesse – schließlich sei das Geschehen in Polen auch Teil der eigenen Identität und Herkunft.

Dabei geht es nicht nur um die Bewahrung der eigenen Wurzeln, sondern auch darum, die Kinder und Jugendlichen aktiv in die Gemeindearbeit einzubinden. "Die Kinder gestalten alle zwei Wochen ihre eigene Kindermesse", erzählt Laskowski. Sie übernehmen Lesungen, Fürbitten und Gesang – und ganz nebenbei werden dabei auch die Eltern stärker einbezogen.

Manche muttersprachlichen Gemeinden in Deutschland werden bisweilen dafür kritisiert, zu sehr in ihrer eigenen Welt zu verharren. Die polnische Gemeinde in Bremen sieht das anders. Das Verhältnis zur deutschen Territorialpfarrei beschreibt man als "sehr gut". Laskowski betont: "Wir fühlen uns als Teil der einen Kirche." Man bringe sich ein – etwa in Gremien und Sitzungen –, und man schätze die Vielfalt, die dieses Miteinander möglich mache. Neben der Mitarbeit in den Gremien gibt es auch gemeinsame Feste, zum Beispiel Fronleichnam, das in ihrer Pfarrei zusammen und zweisprachig gefeiert wird. An den meisten Sonntagen und Hochfesten bleibe man dann wieder unter sich – jeder in seiner Sprache, aber immer im gemeinsamen Glauben. 

Traditionelle Bräuche

Ein Grund für den Zusammenhalt der Gemeinde sind sicher die Bräuche, die für viele auch ein Stück Heimat bedeuten. Auf der Internetseite heißt es dazu: "Ein deutliches Zeichen unserer Einheit ist die Liturgie – die Eucharistie in unserer Muttersprache, Gottesdienste sowie kirchliche und Familienfeste; Gebete, Lieder, Feiertage und polnische Bräuche wie die Segnung der Speisen oder die Anbetung des Grabes des Herrn vor Ostern."

Traditionen und Bräuche wie etwa die Speisensegnung vor Ostern, ein für Polen typischer Brauch, ist Laskowski wichtig – auch wenn es ihn in ähnlicher Form in anderen Ländern wie Kroatien und in kroatischen Gemeinden in Deutschland ebenfalls gibt. Sie möchte, dass ihre Kinder diese Traditionen und die Sprache nicht vergessen. "Ich bin vor 38 Jahren als kleines Kind nach Deutschland gekommen. Und dennoch bedeutet mir die polnische Gemeinde sehr viel, weil mir hier die Gebete in meiner Muttersprache beigebracht wurden", sagt sie. "Das gilt auch für meine Kinder, die sowohl Deutsch als auch Polnisch sprechen. Gemeinden wie unsere sind wichtig, weil sie die Kultur und Tradition eines Landes bewahren – und gleichzeitig Teil der Gesellschaft bleiben."

Auch der Blick in die Heimat bleibt dabei wachsam. Schließlich, so sagt Laskowski, versteht sich die Gemeinde nicht nur als Brücke zwischen Kulturen hier vor Ort, sondern auch als Teil der Weltkirche, die ihre Wurzeln nicht vergisst. "Wir haben nicht nur Kontakte zu polnischsprachigen und anderen muttersprachlichen Gemeinden hier in Deutschland", sagt sie, "sondern schauen selbstverständlich auch nach Polen." Die kirchliche und politische Lage dort, ebenso wie die Entwicklungen innerhalb der Kirche in Polen, verfolge man mit großem Interesse – schließlich sei das Geschehen in Polen auch Teil der eigenen Identität und Herkunft. 

Von Mario Trifunovic