Ex-Messdiener Reinhold Beckmann kritisiert Kirche – aber bleibt

Reinhold Beckmann (69) vermisst den "spirituellen Bezug nach oben" in unserer "überindividualisierten Gesellschaft". Das sagte der TV-Moderator und Autor im Hit Radio FFH (Sonntag). Und weiter: "Wir sind nach oben ein bisschen heimatlos geworden." Er könne jeden verstehen, der religiöse Gefühle lebe.
Er selbst sei noch immer Mitglied der katholischen Kirche, sagte Beckmann. "Ich bin in der Kirche geblieben, trotz der vielen Verfehlungen, die die katholische Kirche sich geleistet hat." Er sehe auch viele gute Dinge, die Kirche tue, ob in Afrika oder woanders. Er trete nicht aus, aber spare auch nicht an Kritik: "Als zahlendes Mitglied darf ich noch ein bisschen giftiger kritisieren", so der frühere Sportmoderator.
"Im Beichtstuhl lügt man doch"
Die Kirche habe in seiner Familie immer große Bedeutung gehabt, sagte Beckmann. Er und seine beiden älteren Brüder seien Messdiener gewesen. "Ich kenne noch die alte Gottesdienstform auf Latein – wir mussten lateinische Gebete sprechen – wussten aber nie, was inhaltlich dahinter steht, hatten keine Ahnung." Auch zu Hause sei viel gebetet worden, am Tisch und "zur guten Nacht".
Beckmann erinnert sich daran, wie die Kirche den Kindern damals mit dem Fegefeuer Angst gemacht habe. "Der Tag, an dem ich zum ersten Mal in den Beichtstuhl musste – fürchterlich!" Aus der Angst heraus hätten die Kinder irgendwelche Geschichten erfunden. Es heiße: "Du sollst nicht lügen – aber im Beichtstuhl lügt man doch."
Seine 2019 gestorbene Mutter sei in ihrem Glauben ohne Zweifel gewesen und habe einen starken Bezug zu ihrem Herrgott gehabt, schildert Beckmann. Sie habe aber auch mit Gott geflucht und geschimpft. Gerade an Weihnachten sei das aus ihr herausgebrochen: "An dem Tag, an dem die Harmonie perfekt sein muss, knallt es meistens – das war bei uns auch so. Heiligabend nachmittags hat es immer erst mal geknallt, damit die Harmonie nachher noch umso besser war." (KNA)