Thomas Seiterich über das bevorstehende Ende der Familiensynode

Von der Einfalt in die Vielfalt

Veröffentlicht am 22.10.2015 um 00:01 Uhr – Von Thomas Seiterich – Lesedauer: 
Standpunkt

Bonn ‐ Thomas Seiterich über das bevorstehende Ende der Familiensynode

  • Teilen:

HTML-Elemente (z.B. Videos) sind ausgeblendet. Zum Einblenden der Elemente aktivieren Sie hier die entsprechenden Cookies.

Ein altes römisches Prinzip kommt an sein Ende. Das zeigt sich in diesen Tagen auf der Weltbischofssynode über Ehe und Familie, die am Samstag mit den Abstimmungen der Synodenväter zu Ende geht, bevor der Papst entscheidet.

Das derzeit untergehende römisch-katholische Prinzip lautet: Rom formuliert bis in Einzelheiten die eine, wahre und verbindliche Antwort für die katholische Welt. Dies wird nicht mehr funktionieren nach dieser bewegten Synode, an der 270 Synodale teilnehmen – viele stimmberechtigte Bischöfe, doch leider nur wenige Eheleute. Denn zu vielfältig und viel zu unterschiedlich sind die drängenden Probleme von Ehe, Partnerschaft und Familie in den verschieden soziokulturellen und politischen Räumen der Erde.

Die wiederverheirateten Geschiedenen – Thema eins in den Kirchen der westlichen Welt – spielen zum Beispiel in den kleinen, palästinensischen Gemeinden, für die der katholische Patriarch von Jerusalem, der Beduine Fouad Twal, zuständig ist, keine Rolle. Ihn bewegt vielmehr die Frage, wie familiäres Leben gelingen kann trotz der hohen Trennzäune und der dominanten Repressionspolitik Israels.

Und wieder ganz anders stellen sich die Ehe- und Partnerschaftsfragen in Afrika, wo Ehen mehr oder weniger zwangsweise arrangiert werden zwischen zwei Großfamilien. Dabei haben die Liebenden häufig keine Freiheit, geschweige denn das letzte Wort.

Was tun? Schon im römischen Imperium, aus dem das zentralistische Prinzip der gegenwärtigen katholischen Kirche stammt, galt: Bei der Gesetzgebung knapp formulieren und grundsätzlich bleiben. So hatten die Provinzen dann die Aufgabe, selbst nach eigener örtlicher Erfahrung und Bedarf das jeweilige Gesetz elastisch auszugestalten.

Diese Elastizität gilt es wiederzubeleben in einer Kirche, die seit dem Ersten Vatikanischen Konzil 1870 das monarchische Prinzip, also die Entscheidungsmacht des Papstes, auf die Spitze getrieben hat. Die Kirche braucht mehr Spielraum für ihre Regionen. Voraussetzung dafür ist: mehr Vertrauen in die Ortskirchen. Und die regionalen Kirchen müssen konziliar, also im Gespräch, ihre Wege und Entscheidungen finden.

Papst Franziskus ist dafür, das machte er bei seiner Rede zum 50-jährigen Jubiläum der römischen Bischofssynoden deutlich.

Der Autor

Thomas Seiterich ist Redakteur der Zeitschrift "Publik-Forum".

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt nicht unbedingt die Meinung der Redaktion von katholisch.de wider.
Von Thomas Seiterich