Martin Rothweiler über das neue Jahr

Vorsatz für 2016: Barmherzigkeit

Veröffentlicht am 04.01.2016 um 00:01 Uhr – Von Martin Rothweiler – Lesedauer: 
Standpunkt

Bonn ‐ Martin Rothweiler über das neue Jahr

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Jahreswechsel sind Gelegenheiten zu Rückblick und Ausblick im persönlichen ebenso wie im gesellschaftlichen und  kirchlichen Leben. Das Jahr fängt nicht bei Null an. Vieles, auch Erschütterndes , wird bleiben, wie es ist.  Einiges wird sich hoffentlich auch zum Guten wenden. Terror, Gewalt, Kriege, Krankheiten und Katastrophen werden nicht von heute auf Morgen verschwinden. Und doch spüren wir, dass es ohne eine Hoffnung, die trägt und die mehr ist als schlichter Optimismus nicht geht.

Dass die Hoffnung nicht autosuggestiv und grundlos ist, haben wir dem zu verdanken, dessen Geburt wir an Weihnachten feiern: Jesus Christus. Gott ist Mensch geworden und hat sich nicht geschont, sondern hat selbst als Mensch gelitten, um uns zu erlösen. Eine solche Liebe macht uns sprachlos staunend. Sie bleibt ein unerschöpfliches Geheimnis. In ihr gründet sich aber auch die Hoffnung, dass am Ende das Leben über den Tod, die Gerechtigkeit über die Ungerechtigkeit, die Barmherzigkeit über die Unbarmherzigkeit und die Liebe über den Hass siegt. Papst Franziskus hat dies pars pro toto auf sehr berührende  Weise im vergangenen Jahr in seiner Predigt auf den Philippinen in Tacloban vor den Überlebenden des Taifuns Yolanda zum Ausdruck gebracht: "Schauen wir auf Christus: Er ist der Herr, und er versteht uns, denn er hat all die Prüfungen durchgemacht, die über uns hereinbrechen. (…) Verzeiht mir, wenn ich keine weiteren Worte finde. Doch seid sicher, dass Jesus nicht enttäuscht."

Dieser Zuspruch gilt auch für 2016. Dabei hat Papst Franziskus mit der Eröffnung des Heiligen Jahres der Barmherzigkeit am vergangenen 8. Dezember den Grundton für das Neue Jahr vorgegeben. Nicht, dass die Kirche jetzt erst die Barmherzigkeit entdeckt hat. Der heilige Papst Johannes Paul II. hat der göttlichen Barmherzigkeit einen eigenen Festtag gewidmet, den die Kirche seither am Sonntag nach Ostern feiert. Aber es ist gut, wenn unser Blick gerade zu Beginn des Neuen Jahres, wenn wir neue Vorsätze fassen, erneut auf die Barmherzigkeit gelenkt wird und auf die Aufforderung Jesu: "Seid barmherzig, wie es auch euer Vater ist" (Lk 6,36).

In den Sinn kommt mir dabei die Antwort der seligen Mutter Teresa von Kalkutta -  deren Heiligsprechung durch Papst Franziskus in diesem Jahr ansteht -  auf die Frage eines Journalisten, was sich in der Kirche ändern solle: "Sie und ich." Was heißt das im Lichte der Barmherzigkeit? Wenn wir uns die leiblichen und geistigen Barmherzigkeiten vor Augen führen, von denen die Kirche spricht, dann fordert das -  salopp gesagt  - eine ganze Menge: Hungrige speisen, Obdachlose beherbergen, Nackte bekleiden, Kranke besuchen, Gefangene besuchen, Tote begraben, Almosen geben, die Unwissenden lehren, die Zweifelnden beraten, die Trauernden trösten, die Sünder zurechtweisen, den Beleidigern gern verzeihen, die Lästigen geduldig ertragen, für die Lebenden und Verstorbenen beten. Die Bandbreite der Taten der Barmherzigkeit ist größer, als uns bisweilen bewusst ist.  Los geht’s. Sie und ich. Mit Gottes Hilfe. Damit die Welt ein wenig heller wird.

Zur Person

Martin Rothweiler ist Geschäftsführer des katholischen Fernsehsenders EWTN (Eternal Word Television Network).

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt nicht unbedingt die Meinung der Redaktion von katholisch.de wider.
Von Martin Rothweiler