Nüchtern und besonnen

Vor der Aufzeichnung sei er sehr aufgeregt gewesen, gesteht Welter, der schon seit mehreren Jahren Erfahrung mit Verkündigungssendungen im Saarländischen Rundfunk hat. Doch das Aufnahmeteam beruhigte ihn wieder: "Bleiben Sie Sie selbst und konzentrieren Sie sich auf das, was Sie sagen wollen." Danach sei dann nur noch eine "gesunde Grundaufregung" geblieben. Und die zweite Aufnahme gelang in der lockeren und entspannten Atmosphäre dann sofort.
Das Thema "Stimmungsschwankungen" hat sich der 50-Jährige im Hinblick auf die Flüchtlingskrise bewusst ausgesucht. Denn ihm sei es wichtig, von den Prioritäten her zu denken. Und im konkreten Fall der Flüchtlingskrise sei das derjenige, der in Not ist, "der gequält ist, der sich auf der Flucht befindet". Dies sollte in Europa wieder viel bewusster werden. "Wir müssen uns wirklich als eine Wertegemeinschaft verstehen", ist er überzeugt.
Nüchternheit und Besonnenheit gefragt
Für den Seelsorger ist auch klar: Um überhaupt gute Entscheidungen treffen und Klarheit gewinnen zu können, sind Nüchternheit und Besonnenheit gefragt. Doch wie können diese erreicht werden? Auch darauf hat Welter in seinem Beitrag eine Antwort. Er verweist auf Ignatius von Loyola (1491-1556), den Ordensgründer der Jesuiten: "Für eine gute Entscheidung ist ein Grundton des Trostes nötig." Dabei ist der Verweis auf den ersten Jesuiten für Welter keine leere Rhetorik. Denn Ignatius war für ihn einer der prägenden Heiligen. "In meiner Zeit im Priesterseminar war die ignatianische Spiritualität unser tägliches Schwarzbrot", erklärt er. Nicht zuletzt durch Exerzitien und die Lektüre des ignatianischen Exerzitienbuches, das geistliche und meditative Übungen enthält, sei ihm diese Frömmigkeit in Fleisch und Blut übergegangen.
"Dieser kleine Baske hat mehr Psychologie im kleinen Finger als mancher Psychologe in seinem Kopf", sagt Welter. "Und das alles auf dem Fundament von Christus, den wir in unserem Leben immer tiefer verstehen sollen." Dieses Fundament legt der Priester auch in seinem ersten Beitrag, wenn er den Apostel Paulus zitiert: "Gott hat uns nicht einen Geist der Verzagtheit gegeben, sondern einen der Besonnenheit und der Kraft."
Gottes Geist nährt den Trost
Und auf dieser Basis kommt der Priester in seinem Beitrag zum Fazit: "Das nährt den Trost, von dem Ignatius spricht, ist Basis für Entscheidungen, auch für die Entscheidung, den eingeschlagenen Weg in der Flüchtlingsfrage konsequent fortzusetzen mit allen Schwierigkeiten. Menschen, die um ihr Leben fürchten und ihre Heimat verloren haben, großherzig aufzunehmen und alles zu tun, um ihnen bei uns, das heißt, in Europa, eine neue Heimat anzubieten."
An diesem letzten Satz musste er lange feilen. Denn es ging nicht darum, einfach platt eine politische Meinung zu vertreten. Vielmehr war Welter aufgetragen, aus seiner dargelegten Argumentation heraus ein pointiertes persönliches Fazit zu ziehen. Und gerade zu diesem letzten Satz gab es viele Rückmeldungen – überwiegend positive, doch auch andere.
Linktipp: "Das Gottesgerücht aufrechterhalten"
Benedikt Welter ist neuer Sprecher der Fernsehsendung "Wort zum Sonntag". Im Interview mit katholisch.de äußert sich Welter zu der Sendung, den Herausforderungen seiner neuen Aufgabe und den inhaltlichen Akzenten, die er setzen möchte."Ein befreundeter Priester, der Kirchenasyl gewährt, fühlte sich durch meine Worte ermutigt und unterstützt", berichtet Welter. Eine weitere Stimme kam aus Berlin: "Christlich, nachvollziehbar, engagiert" befand sie. Jemand anderes bedankte sich für "die klaren Worte und den Blick auf das Wesentliche". Kritik kam aus politisch eher konservativen Kreisen. So meinte jemand, ein Pfarrer, der von der Kirche subventioniert werde, habe leicht reden. Ein anderer bezeichnete ihn als "Gutmenschen", der die Ängste der Menschen nicht wahrnehme.
Keine weltfremden Ansichten
"Doch darum geht es gar nicht", so Welter. "Ich sehe die Sorgen und Ängste sehr wohl. Auch ich bin in der Flüchtlingsarbeit aktiv." Insofern könne man ihm nicht vorwerfen, vom Schreibtisch aus irgendwelche weltfremden Ansichten zu vertreten. "Es geht mir vor allem um diesen Grundton des Trostes, der die Basis für alle weiteren Entscheidungen darstellt."
Den Grundton des Trostes kann der neue "Wort zum Sonntag"-Sprecher selbst gut gebrauchen. Denn die plötzliche mediale Aufmerksamkeit empfindet der Pfarrer aus Saarbrücken eher als "unangenehm und komisch". "Es verunsichert mich", gibt Welter zu. Jetzt müsse er lernen, diese Rückmeldungen in das Geschehen mit einzubinden. "Sie gehören dazu!" Die Gelegenheit weiter zu lernen, bietet sich ihm schon bald. Denn das nächste Wort zum Sonntag wird er in zwei Wochen sprechen - am Faschingssamstag.