Guido Pozzo sieht Annäherung zwischen Piusbruderschaft und Vatikan

Erzbischof: Zentrale Konzilsbeschlüsse anerkannt

Veröffentlicht am 27.07.2016 um 15:25 Uhr – Lesedauer: 
Die traditionalistische Piusbruderschaft zelebriert die Messe nach dem alten Ritus.
Bild: © KNA
Piusbruderschaft

Bonn ‐ Kurienerzbischof Guido Pozzo sieht eine Annäherung zwischen den Piusbrüdern und dem Vatikan. Er verweist dabei auf die geringere Verbindlichkeit einiger Dokumente des Zweiten Vatikanishen Konzils.

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Zugleich sprach er von einer Annäherung zwischen Rom und der traditionalistischen Piusbruderschaft. Pozzo ist vatikanischer Sekretär der für die Piusbrüder zuständigen Kommission "Ecclesia Dei".

"Leben ist mehr als eine Doktrin"

Nach den Worten des Erzbischofs setzt der Vatikan neben der Klärung lehrmäßiger Fragen verstärkt auf Vertrauensbildung: "Man weiß, dass das Leben mehr ist als Doktrin." Dabei habe es zuletzt große Fortschritte gegeben, sagte er. Im Auftrag des Vatikan hätten ein Kardinal und vier Bischöfe die Seminare und Häuser der Priesterbruderschaft besucht. "So etwas gab es vorher nicht, aber das hat bei der Annäherung geholfen."

Pozzo betonte, die Piusbruderschaft bekenne sich zu den zentralen Beschlüssen des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965). Dazu gehörten beispielsweise die Lehre über die Sakramentalität des Bischofsamtes sowie "die Lehre über den Primat des Papstes und des Bischofskollegiums zusammen mit seinem Haupt".

Die Aussagen des Konzils über den interreligiösen Dialog, die Ökumene und die Religionsfreiheit haben nach den Worten des Erzbischofs dagegen einen geringeren Grad an Verbindlichkeit. "Dabei handelt es sich nicht um Glaubenslehren oder definitive Aussagen, sondern um Anweisungen oder Orientierungshilfen für die pastorale Praxis", so Pozzo. Die Piusbruderschaft tue sich mit diesen Aussagen schwer; über sie könne man aber auch nach einer kanonischen Anerkennung der Bruderschaft weiter diskutieren.

Personalprälatur nach dem Vorbild von Opus Dei?

Pozzo bestätigte, dass ihr die Einrichtung einer sogenannten Personalprälatur nach dem Vorbild des Opus Dei in Aussicht gestellt worden sei. Der Generalobere Bernard Fellay habe diesen Vorschlag akzeptiert, "auch wenn in den kommenden Monaten noch Details zu klären sind".

Die Kommission "Ecclesia Dei" ist in der Glaubenskongregation angesiedelt. Deren Leiter Kardinal Gerhard Ludwig Müller hatte jüngst erklärt, er erwarte von den Piusbrüdern eine vorbehaltlose Anerkennung von Glaubensfreiheit als Menschenrecht und eine Verpflichtung zur Ökumene. Im Juni sagte er der "Herder Korrespondenz", er erwarte auch eine Anerkennung der betreffenden Konzilserklärungen.

Zwischen der katholischen Kirche und den Traditionalisten bestehen seit Jahrzehnten Spannungen. Die 1969 vom französischen Erzbischof Marcel Lefebvre gegründete Priesterbruderschaft lehnt wichtige Bestandteile der Konzilsbeschlüsse ab. Nach unerlaubten Bischofsweihen exkommunizierte Rom Lefebvre und die von ihm geweihten vier Bischöfe 1988. Unter Papst Benedikt XVI. kam es zu Annäherungsversuchen. Papst Franziskus kündigte an, den Dialog fortsetzen zu wollen.

Ungeachtet dessen nehmen die Piusbrüder immer wieder Priesterweihen vor, die kirchenrechtlich unerlaubt sind. Vor wenigen Wochen warf Fellay Papst Franziskus vor, Verwirrung und Irrtümern in der Lehre Vorschub zu leisten. (KNA)

Themenseite: Traditionalisten

Lange spielten sie in der öffentlichen Wahrnehmung kaum eine Rolle. Doch als Papst Benedikt XVI. die Messe nach tridentinischem Ritus 2007 wieder erlaubte, fanden auch sie wieder mehr Beachtung: die Traditionalisten. Die bekanntesten unter ihnen sind die Piusbrüder.