Die Kirche feiert heute das Fest Mariä Geburt

Viel zu früh? Das Weihnachtsevangelium im September

Veröffentlicht am 08.09.2018 um 12:30 Uhr – Lesedauer: 
Liturgie

Bonn ‐ Die Adventszeit beginnt zwar erst in zweieinhalb Monaten. Doch in den Gottesdiensten weihnachtet es bereits heute kräftig. Denn es geht um die Geburt Jesu.

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Wir Katholiken empören uns gerne darüber, dass bereits im September die ersten Christstollen, Lebkuchen und Nikoläuse in die Regale kommen. Dabei sind wir selbst keineswegs besser als die Discounter: Schließlich wird heute in den Messen das Weihnachtsevangelium vorgetragen. Denn so sieht es die Leseordnung für katholische Gottesdienste am 8. September vor. Allerdings hören wir nichts von einem Jesuskind, das in Windeln gewickelt in der Krippe liegt. Denn auf dem Programm steht nicht die volkstümliche Version des Lukasevangeliums, sondern der weniger eingängige erste Teil des Geburtsgeschichte, die der Evangelist Matthäus (Mt 1,1-16, 18-23) überliefert. Und die beginnt mit dem Stammbaum Jesu, einer Aufzählung seiner Vorfahren seit Abraham über 42 Generationen.

Warum wird zweieinhalb Monate vor Beginn des Advents schon die Weihnachtsgeschichte im Gottesdienst vorgelesen? Der Grund hierfür ist das besondere liturgische Fest, das die Kirche am 8. September begeht: Mariä Geburt. Geburtstage sind dem Kirchenjahr eigentlich fremd. Abgesehen von Jesu Geburt macht es nur zwei Ausnahmen: Maria und Johannes der Täufer.

Verehrung Mariens ist kein Selbstzweck

Das Fest Mariä Geburt geht wahrscheinlich auf das Weihefest der St. Annen-Kirche in Jerusalem zurück, die neben Nazareth als Ort der Geburt Marias gilt. Zunächst wurde es nur im Orient begangen. Im Westen ist das Fest "Mariä Geburt" erstmals für das 7. Jahrhundert bezeugt.

Dass der Stammbaum Jesu mit diesem Marienfest verbunden wurde, liegt nach Auskunft des Deutschen Liturgischen Instituts in Trier daran, dass Maria in einen größeren theologischen Kontext eingebettet werden sollte. So werde zum Ausdruck gebracht, dass die Verehrung Mariens kein Selbstzweck sei, sondern auf Jesus Christus verweise.

Die Heilige Familie auf der Flucht nach Ägypten
Bild: ©katholisch.de

Josef spielt in der Geburtserzählung des Matthäusevangeliums die Hauptrolle. Hier führt er die Heilige Familie bei ihrer Flucht nach Ägypten.

Jeder Verlagslektor würde Matthäus vermutlich heute dringend davon abraten, die Geburtsgeschichte Jesu und damit sein Evangelium insgesamt ausgerechnet mit einer wenig leserfreundlichen Aufzählung von B- und C-Promis aus dem Alten Testament zu beginnen, wenn man mal vom Urvater Abraham und König David absieht. Zumal das Strickmuster wenig abwechslungsreich ist: "Solomon aber zeugte Roboam. Roboam aber zeugte den Abia. Abia aber zeugte den Asaph…". So geht es 15 Verse lang.

Matthäus will mit seinem Stammbaum keinen "Beitrag zur Ahnenforschung" leisten, sondern eine theologische Aussage machen. Der Evangelist verdeutlicht damit gleich zu Beginn: Jesus Christus ist der Messias, der im Alten Testament verheißen wurde, eine Nachfahre des Stammvaters Abraham aus dem Hause von König David.

Stammbaum Jesu kein "Beitrag zur Ahnenforschung"

Erst nach dem Stammbaum im 18. Vers wird die Geburt Jesu thematisiert. Im Vergleich zum Lukas-Evangelium allerdings nur äußerst knapp. Über die näheren Umstände berichtet Matthäus nichts. Im Mittelpunkt steht bei ihm Josef, der sich heimlich von Maria trennen will, als er von ihrer Schwangerschaft erfährt. Dann wird er jedoch von einem Engel des Herrn über die besonderen Umstände dieser Schwangerschaft aufgeklärt und bleibt bei seiner Verlobten.

Priester, die ihren Gottesdienstbesuchern den Stammbaum Jesu nicht zumuten wollen, können ihn übrigens laut Leseordnung auch weglassen und sich auf die Verse über die Geburt Christi beschränken. Doch die müssen auf jeden Fall auch schon im September gelesen werden.

Von Thomas Jansen