Kritik an einigen Beschlüssen und der Arbeit im Forum zu Sexualität

Moraltheologe Brantl: Zweifle an Reformimpulsen durch Synodalen Weg

Veröffentlicht am 10.02.2022 um 17:54 Uhr – Lesedauer: 

Trier ‐ Nach der dritten Synodalversammlung sprachen viele von einem großen Erfolg. Der Trierer Moraltheologe Johannes Brantl blickt kritisch auf einige bisherige Ergebnisse des Synodalen Wegs. Er fragt sich, ob von ihm die nötigen Reformimpulse ausgehen.

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Der Trierer Moraltheologe Johannes Brantl hat nach der dritten Synodalversammlung Kritik am Reformprozess Synodaler Weg geübt. Er frage sich immer mehr, ob "die Themen und Schwerpunkte, die der Synodale Weg setzt, wirklich die Reformimpulse geben können, die wir in der gegenwärtigen tiefen Krise unserer Kirche brauchen", sagte Brantl laut einer am Donnerstag veröffentlichten Pressemitteilung des Bistums Trier. Für den Synodalen Weg bedeuteten Reformen vor allem die Änderung der kirchlichen Machtstrukturen und der Morallehre. Doch der spirituelle Aspekt der Erneuerung, "nämlich dass sich jede und jeder zunächst und vor allem erst einmal selber von Jesus Christus formen lassen muss, damit sich die Dinge zum Guten hin wenden", komme zu kurz. Brantl ist theologischer Berater im Synodalforum IV "Leben in gelingenden Beziehungen – Liebe leben in Sexualität und Partnerschaft".

Auch die Arbeit im Forum zur kirchlichen Sexualmoral bewertete Brantl kritisch. Nach dem ersten Treffen der Forumsmitglieder habe eine Gruppe, die "machtbewusst ihre Position durchzusetzen versteht, einen nahezu fix-und-fertig ausformulierten Beschlusstext für die Beratung beim zweiten Treffen des Forums vorgelegt". Dieser Text habe die weitere Arbeit im Forum dominiert "und von Anfang an jene Ergebnisse eingespurt, wie sie eine Mehrheit der Forumsmitglieder am Ende des Beratungsprozesses sehen wollte". Die dominierende Mehrheit trete nicht für eine Weiterentwicklung der kirchlichen Lehre, sondern für einen kompletten Umbruch ein.

Für Änderung des Arbeitsrechts

In vielen Punkten gebe es allerdings einen klaren Konsens, betonte der Moraltheologe. So sei es beispielsweise "unstrittig", dass es aus Sicht einer christlichen Ethik geboten sei, homosexuelle Menschen darin zu unterstützen, ihre sexuelle Identität anzunehmen. Brantl verwies dabei auf die Aktion "#OutInChurch", in der sich über 100 kirchliche Mitarbeiter als queer outeten: Wenn viele Personen von Angst und Erfahrungen der Ablehnung im kirchlichen Kontext berichteten, "ist das in der Tat ein notwendiger Weckruf gewesen, dass sich hier der Umgang miteinander ganz wesentlich ändern muss." Deshalb begrüße er das Mehrheitsvotum zur Änderung der kirchlichen Grundordnung, die das Arbeitsrecht regelt. Eine Weiterentwicklung der kirchlichen Sexualmoral, dass nicht jede homosexuelle Handlung als 'schwere Sünde' zu betrachten sei, ist laut Brantl "möglich und angezeigt". Zudem sorge die bisher geltende Grundordnung oft für "Unsicherheiten, eine gewisse Willkür und Scheinheiligkeit".

Für den Handlungstext "Segensfeiern für Paare, die sich lieben", habe er allerdings seine Zustimmung verweigert. Er sehe nämlich nicht, "wie auf Dauer noch das Profil einer katholischen Sexualmoral mit ihrer besonderen Wertschätzung der stabilen und exklusiven Beziehung zwischen Mann und Frau in Gestalt der sakramentalen Ehe gewahrt werden kann", so Brantl. Aus der Argumentation in den Texten des Forums, dass alle Beziehungen, in denen Werte wie Liebe, Freundschaft oder Treue gelebt werden, prinzipiell gleichwertig seien, ließe sich sogar eine kirchliche "Ehe für alle" folgern. Außerdem verwundere ihn "die Naivität all derer, die meinen, dass mit einer Segensfeier der Diskriminierungsvorwurf vom Tisch sei". Laut dem Moraltheologen kann bald die Frage aufkommen, warum nur Paare einen kirchlichen Segen erhielten, da inzwischen auch Modelle einer "Liebe zu dritt oder zu viert" für ihre gesellschaftliche Akzeptanz kämpften. Auf kritische Rückfragen, wohin die "neue Sexualmoral" führen solle, habe er im Synodalforum zum Thema Sexualität nie eine schlüssige Antwort erhalten, so Brantl.

Bei der dreitägigen Synodalversammlung der rund 215 Synodalen in Frankfurt am Main wurde vergangene Woche unter anderem über eine veränderte, moderne Sexualmoral einschließlich einer Neubewertung von Homosexualität, die Öffnung der sakramentalen Ämter für Frauen, eine Lockerung des priesterlichen Pflichtzölibats und einen anderen Umgang mit dem Thema Macht diskutiert. Elf Handlungstexte wurden dabei von den Synodalen in erster Lesung verabschiedet und zur Weiterarbeit an die Foren gegeben. Der Orientierungstext des Präsidiums, der Grundtext des Machtforums und ein Handlungstext zur Beteiligung der Gläubigen bei der Bischofswahl wurden in zweiter Lesung von der Synodalversammlung verbindlich beschlossen. Alle drei Texte erhielten auch die erforderliche Zweidrittelmehrheit der Bischöfe. Das Synodalpräsidium zeigte sich zufrieden mit den Ergebnissen, während die Reaktionen der Bischöfe gemischt ausfielen. (mal)